piwik no script img

Unis weiter auf Sparflamme

■ Verhandlungen über Hochschulfinanzen stocken: Um 85.000 Studienplätze zu halten, fehlt das Geld. TU-Präsident Hans-Jürgen Ewers fühlt sich „von der Politik auf den Arm genommen“

Die Berliner Universitäten haben sich zu früh gefreut. Auf den harten Sparkurs der 90er Jahre, das hatte ihnen der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) versprochen, werde nach der Jahrtausendwende eine Phase der Konsolidierung folgen. Doch jetzt sollen sie in den Jahren 2001 und 2002 auf zusätzliche 20 Millionen Mark verzichten, die zugunsten der Fachhochschulen umverteilt werden. „Wir fühlen uns von der Politik auf den Arm genommen“, klagt der Präsident der Technischen Universität (TU), Hans-Jürgen Ewers. Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) habe ihnen einen Etatansatz von „2000 plus“ versprochen, um 85.000 Studienplätze zu erhalten. „Daraus ist nun 2000 minus geworden“, so Ewers.

Damit steht auch das Konzept der „Hochschulverträge“ auf der Kippe, bei denen Berlin bundesweit den Vorreiter spielt. In diesen Verträgen, die manchem Bildungsexperten als Königsweg zur Uni-Reform gelten, garantiert der Staat den Hochschulen ihre Finanzen für vier Jahre im voraus. Im Gegenzug müssen sich die Unis zur Studienreformen, wie bessere Evaluierung und Betreuung, verpflichten.

Doch über die hochschulpolitischen Allerweltsfloskeln sind diese Reformen bislang nicht hinausgekommen. Auch für die langfristige Finanzplanung taugen die Verträge kaum noch. Eigentlich hätte der Senator die Hochschuletats für 2001 bereits Ende 1997 festzurren müssen. Tatsächlich habe Radunski aber „Terminverschleppung“ betrieben und die Vertragsentwürfe erst im Januar diesen Jahres vorgelegt, moniert der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bert Flemming.

Radunski, der in den vergangenen Jahren bereits Millionenbeträge vom Wissenschafts- in den Kulturetat verschob, sitzt in der Klemme. Soll es bei 85.000 Studienplätzen bleiben, brauchen die Hochschulen zusätzliches Geld. Jedes Prozent an Gehaltserhöhungen, für die das Land nicht aufkomme, vernichte allein an seiner Hochschule 170 Studienplätze, rechnet TU-Präsident Ewers vor.

Zudem ist Berlin das einzige Bundesland, in dem die Hochschulen selbst ihr Personal bis ans Lebensende bezahlen müssen. Die Kosten für die Pensionen explodieren, weil ein großer Teil der Professoren in den kommenden Jahren abtritt. Radunski hat angeboten, den Zuwachs vom Jahr 2001 an zu übernehmen. Ewers und seine Kollegen fordern aber, auch den Anstieg aus den 90er Jahren auszugleichen.

Das Geld aber hat Radunski nicht. Als er die Formel „2000 plus“ in die Welt setzte, hatte das Abgeordnetenhaus längst weitere Einsparungen in Höhe von 76 Millionen Mark beschlossen. Zugleich haben sich die Abgeordneten freilich darauf festgelegt, insgesamt 85.000 der einst 115.000 Studienplätze zu erhalten und an den Fachhochschulen den Stand von 1997 zu garantieren – die Quadratur des Kreises.

Mit Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) will Radunski das Problem noch im Februar besprechen, bestätigte eine Sprecherin der Finanzverwaltung. Welchen Spielraum es dabei gibt, darüber schweigen sich die Haushälter aber aus. SPD-Fraktionschef Klaus Böger immerhin signalisierte am Montag bei einem Treffen mit den Uni-Chefs Kompromißbereitschaft. Um das 20-Millionen-Opfer für die Fachhochschulen aber kämen die Universitäten nicht herum, glaubt SPD-Hochschulexperte Flemming.

Auch die Rektoren der Fachhochschulen, die ihre Verträge bereits in der vergangenen Woche unterschrieben, machen ihren Kollegen wenig Hoffnung. Angesichts eines Gesamtetats von 2,2 Milliarden Mark für alle Hochschulen könnten die Universitäten froh sein, wenn von den beschlossenen 76 Millionen Mark an Einsparungen nur noch jene 20 Millionen übrigblieben, meint der Rektor der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW), Jürgen Kunze. Ralph Bollmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen