: Aus dem Leben eines Digitalisten
■ Künstler Petrus Wandrey und der Sammler Harald Falckenberg stellen in Leipziger Museum aus
Wie kommt Kunst mit hamburgischem Touch im Doppelpack nach Leipzig? Der hanseatische Fabrikant Harald Falckenberg wollte dem Hamburger Künstler Petrus Wandrey zu dessen 60. Geburtstag am 8. März zu einer Ausstellung verhelfen – verdankt er Wandrey doch den Anstoß zu seiner Sammlung. Also lud der Unternehmer den Direktor des Museums der bildenden Künste Leipzig zu sich ein. Als Herwig Guratsch sah, was der Jurist und Wirtschaftsmann an international herausragender Kunst zusammengetragen hatte, wollte er nicht gehen, bis der Sammler der ersten öffentlichen Ausstellung von achtzig Arbeiten zugestimmt hatte.
Das letzte Bild von Keith Haring oder der Vesuvius, eines der raren Gemälde von Andy Warhol, oder Neonskulpturen von Dan Flavin: Falckenbergs persönliche Hitliste reicht von US-amerikanischer Pop-Art zu Minimal und Fluxus und deren Wiederaufnahmen in der Kunst der neunziger Jahre. Dabei liegt der Blick vor allem auf oft sarkastischem Witz, wie bei Richard Prince, dessen Bild my name der Ausstellung seinen Namen lieh. Die Sammlung enthält zudem manche für die Künstler ungewöhnliche Arbeiten: die frei hängenden Bildröhren, in Öl auf PVC von Gerhard Richter gemalt, oder ein Yves-Klein-blaues Acrylbild mit Minimonitor von Nam June Paik.
Der eigenständigen Logik einer Ausstellung mag all das nicht gehorchen. Das Ganze ist eher ein bisher unmöglicher Einblick in diese Sammlung. Dafür ist die Retrospektive von Petrus Wandrey gänzlich von einem Thema dominiert: dem „Digitalismus“. Diesen Stil erfand der Künstler vor zwanzig Jahren, nachdem sein damaliges Idol Salvador Dalí ihn ermahnt hatte, eine eigene Kunstrichtung zu schaffen.
Wandreys Vita hatte sich bis dahin durch eine existentialistische Künstlerboheme ausgezeichnet, deren teils kriminelle Finanzierung ihn des öfteren ins Gefängnis brachte, bevor er zum erfolgreichen Graphiker für Platten- und Spiegel-Cover aufstieg. Die gepixelte Zickzackline der frühen Computermalprogramme wurde zu seinem Erkennungzeichen und die Hardware von Kabeln und Platinen das Material seiner Plastiken. „Hardware muß zur Heartware werden“, so ein Zitat des Künstlers. Immer, wenn ihm dabei zeichenhafte Reduzierungen gelingen, kann diese Idee überzeugen, doch viel zu oft macht die scheinnaive Form der Maske die Objekte durchsichtig und dekorativ, bis die Grenze zum Kitsch nicht mehr weit ist. Um letzterem durch Übertreibung entgegenzuarbeiten, hat Kurator David Galloway alles in knallbunten Räumen inszeniert. So wird die Ausstellung zum schrillsten Denkanstoß des jungen Jahres. Hajo Schiff
Museum der bildenden Künste, Leipzig, bis 28. Februar. Katalog: „Petrus Wandrey: Bilder, Skulpturen, Objekte“, Hrsg. David Galloway, 174 Seiten, 49 Mark; Werkverzeichnis: „my name – Sammlung Falckenberg“, 272 Seiten, 59 Mark, beide Verlag Oktagon.
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