: News für die Nase
■ Achtung Zeitungslektüre: Nicht nur der Inhalt, auch die Druckerschwärze kann schocken Von Heike Haarhoff
Zuschriften der LeserInnen finden in der taz-Redaktion stets aufmerksame Beachtung. Der folgende Leserbrief aber ließ die Redaktion regelrecht zusammenzucken: „Liebe tazler“, so die ersten Worte der erschütternden Botschaft, „das ist kein Witz: Ich reagiere ungefähr seit einer Woche gegen die taz allergisch. Ich habe beim Lesen plötzlich eine geschwollene Zunge und mein Kreislauf spielt verrückt.“ Ausgelöst wurden die Beschwerden nicht etwa – wie zunächst befürchtet – durch die taz-Inhalte, sondern durch Lösungsmittel in der Druckerschwärze.
Das ließ sich der gestrafte Zeitungsleser von einem Allergologen aus Altona bestätigen: „In den Lösungsmitteln ist Alkohol enthalten, der, wenn die Zeitung noch druckfeucht ist, Reizerscheinungen ähnlich wie bei Heuschnupfen hervorrufen kann“, so der Arzt. Durch den Reiz wird Histamin freigesetzt, das die Nase anschwellen und das Niesen nicht lange auf sich warten läßt. Die Allergie sei zwar lästig und nicht selten, aber „völlig ungefährlich“. Denn der Reiz dauert gewöhnlich nicht länger als eine Stunde und zieht keine Folgekrankheiten wie Asthma nach sich.
Der geplagte taz-Leser hat da andere Erfahrungen gemacht: Bei seinem letzten Umzug packte er ahnungslos sämtliches Geschirr in Zeitungspapier und unterlag damit einer klassischen Überdosis: „Vor lauter Schwindelanfällen bin ich fast umgekippt.“ – „Da hat aber einer überempfindlich reagiert“, zeigt Ärztekammer-Sprecher Dieter Schmidt wenig Mitgefühl. Er glaube jedenfalls nicht, daß „man deswegen die ganze Druckindustrie umstellen wird.“
Die Aussichten auf Linderung sind denn auch tatsächlich bescheiden: Nach Auskunft verschiedener Druckereien und Ärzte gibt es derzeit weder alternative Lösungsmittel, noch geeignete Medikamente. Dafür aber eine ganze Latte von mehr oder minder gelungenen Empfehlungen. Erstens: Die Ursache vermeiden. (Völlig ungeeignet, finden wir. Oder wollten Sie auf die Lektüre dieses Artikels verzichten?) Zweitens: Die Nase mit eiskaltem Wasser ausspülen und hoffen, daß der Körper Abwehrstoffe produziert. (Mag ja im Sommer angenehm sein. Aber ab Herbst?) Drittens: Die Zeitung vor dem Lesen bügeln; dann verdunsten die Lösungsmittel. (Gleichzeitig eine gute Übung für Hemden und Blusen, Sie wissen schon.) Viertens: Die taz künftig nur noch via Internet genießen. Wir haben ja schon immer gesagt, daß sich diese Investition lohnt.
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