Jugendarbeit bedroht

■ Arme S-Bahn: Keine Grundüberholung von Bahnhöfen, Fahrwegen und Signaltechnik Projekte konkurrieren um knappe Mittel

Ein jugend- und sozialpolitisches „Armutszeugnis“ stellten sich die Kommunalpolitiker im Bezirk Mitte aus: Weil neue Mittel fehlen, wird umverteilt. In Billstedt soll eine Sozialpädagogenstelle von einem sozialen Brennpunkt in den anderen verschoben werden. „Das ist eine üble Situation“, drückt der Vorsitzende des Jugendvereins Dringsheide, Marco Enders, sein Unbehagen darüber aus, daß die Jugendarbeit des Vereins auf Kosten anderer Projekte gemacht werden soll. Dringsheide ist Träger des einzigen Jugendprojektes im Norden Billstedts, wo rund 1650 Kinder und Jugendliche wohnen.

Um der zunehmenden Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen entgegenzuwirken, hatten sich Anwohner des Viertels im vergangenen Jahr zusammengeschlossen. Gemeinsam mit der Kirchengemeinde Rimbert organisierte man in deren Gemeindezentrum ein Angebot der offenen Jugendarbeit. Eine Sozialpädagogenstelle finanzierte der Bezirk, eine andere die Kirchengemeinde. Letztere zog sich aus der Arbeit zurück, weil es massive Schwierigkeiten mit gewalttätigen Jugendlichen gegeben hätte, wie Pastor Rainer Franke erklärte. Er verwies auf zerstörte Fensterscheiben und einen Brandanschlag auf das Gemeindezentrum.

Private Sponsoren wurden gefunden, die die freigewordene Stelle für zwei Jahre finanzieren wollen, aber nur, wenn die Stadt eine zweite Stelle zahlt. Doch die Finanzzusage des Bezirks Mitte endet 1995. „Wir hatten uns darum bemüht, daß diese Stelle über die Fachbehörde in den städtischen Haushalt für 1996 aufgenommen wird“, erklärt der Vorsitzende des Jugendhilfe-Ausschusses Mitte, Johannes Kahrs. Doch ohne Erfolg. Jetzt bleibe nur die Umverteilung.

Im Gespräch für die Kürzung ist das Stadtteilprojekt „Sonnenland“. Dort wehrt man sich heftig dagegen (taz berichtete). „Daß Einrichtungen gegeneinander ausgespielt werden, war in den vergangenen Jahren an der Tagesordnung“, erklärt der dortige Geschäftsführer Bodo Kriehns. In Zeiten knapper Mittel hatte er einen gewissen „Einrichtungslobbyismus“ ausgemacht, wo jeder nur die eigenen Interessen sah. Im „Sonnenland“ setzt man aber eher auf Solidarität und denkt an eine gemeinsame Stellungnahme mit dem Jugendverein Dringsheide, gegen eine „verfehlte Jugendpolitik“. paf