Ein lebendiges Denkmal

■ Ein furioses Geburtstagskonzert für Rolf Liebermann in der Oper zeigte einen spannenden Querschnitt durch sein Werk

SAO 616133, eine entfernte Sonne zwischen Jungfrau und Waage, hat das Berliner Sternforschungsinstitut Rolf Liebermann zum 85. Geburtstag gewidmet. Das und noch einige weitere Details über die Strahlung und die Oberflächentemperatur des Sterns erfuhr das Opernpublikum am Samstagabend vom GMD Gerd Albrecht, der sich anläßlich des Geburtstagskonzertes für den Schweizer Komponisten und zweimaligen Hamburger Intendanten zu metaphorischen Vergleichen getrieben sah.

Zwar hatten Hamburgs Musikchefs für Liebermann keinen Stern vom Himmel geholt, dafür gaben sie ihm aber selber Gelegenheit zu strahlen: Das Philharmonische Staatsorchester, das NDR-Sinfonieorchester und die NDR-Bigband präsentierten Werke Liebermanns aus fünf Jahrzehnten.

Schlichter und zugleich aufregender hätte man kein Geschenk kreieren können für einen Mann, dessen Verdienste in Hamburg von großer, anstiftender Natur waren. Mit der Präsentation seiner Kompositionen würdigte man nun den Musiker Liebermann. Das war aufregend, spannend und lebendig – für das Publikum und wohl auch für ihn selber.

Der Abend begann mit der Komposition „Furioso für Orchester“ aus dem Jahr 1945. Der aktuelle Intendant Peter Ruzicka dirigierte diese hochdramatische Komposition mit wacher Begeisterung. Auf der Bühne brauste ein Orchester-sturm und war der dann kaum leise verklungen, wirbelte er um so großartiger wieder auf. Als Kontrast folgte die kontemplative Melodie des erst vor wenigen Wochen uraufgeführten Enigma, das rätselhaft flirrend und glucksend in die Stille der Harmonien führte.

Nach der Pause wurde Liebermanns Liebe für den Jazz gewürdigt. Sein jüngstes Auftragswerk, ein Klavierkonzert für den NDR, enthüllte hinter dem bereits zum Denkmal aufgestellten Ex-Intendanten den erstaunlich jungen, lebendigen Komponisten, ein Aspekt, der diesen Abend zu einem sehr aufmerksamen Geschenk machte.

Am Schluß des Abends gab's dann noch einen alten Liebermann: Das „Concerto for Jazzband and Symphony Orchestra“ aus dem Jahre 1954. Dieter Glawischnig dirigierte die Sinfoniker gemeinsam mit der NDR-Bigband. Bei dem Werk, das in einem Mambo endet, swingte der Saal. Selten wurde ein so junger alter Mann gefeiert.

Elsa Freese