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■ KommentarAbriß auf Verdacht

Wenn Argumente fehlen, hilft nur noch die Holzhammermethode. Der ebenso blitzschnelle wie unerwartete Abriß des ehemaligen Pudels-Clubs in der Schanzenstraße im mittwöchlichen Morgengrauen zielte einzig darauf ab, die wahren Machtverhältnisse im Laue-Komplex in aller Deutlichkeit klarzustellen: Die endgültigen Entscheidungen trifft die Investorengruppe BOSW – wenn es hart auf hart kommt – allein.

Verhandlungen mit Wohngruppen, alternativen Sanierungsträgern und der Stadt sind zur Imagepflege nützlich. Doch wehe, es erdreisten sich ein paar Jugendliche, konkretere Ansprüche auf ein leerstehendes Gebäude zu stellen. Da wird lieber gleich kurzer Prozeß gemacht. In der Hoffnung, weitere potentielle BesetzerInnen abzuschrecken: Der Abbruch als Warnung, als Demonstration der Aussichtslosigkeit solcher Aktionen.

So richtig einschüchtern ließen sich jedoch nur die Investoren: Ausgerechnet von einer Gruppe 16- bis 20jähriger, die in dem Café nichts weiter als ein bißchen Saft und Bier ausschenken, volxgekochte Tofu-Bratlinge zubereiten und einen Raum für sich haben wollten. Was sprach dagegen, sie bis zum tatsächlichen Abriß gewähren zu lassen? Angst vor Eskalation? Sollen denn jetzt alle leerstehenden Häuser vorsichtshalber abgerissen werden, um weitere Besetzungen zu vermeiden?

Ein Haus-Abriß – ohne zu wissen, was an seiner Stelle wann und wie gebaut werden soll – ist nicht nur städtebaulich unüblich. Auf die Wohnungssuchenden dürfte es weniger vertrauenssteigernd als provozierend wirken. Ob das dem Sinn und Zweck der neuen Stadtentwicklungspolitik entspricht, ist fraglich. Heike Haarhoff

(s. Bericht S. 22)

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