: Sicherheit für Artenvielfalt – nicht für den Handel
■ In Kolumbien verhandeln 174 Staaten über ein Protokoll zur Gentechnik-Sicherheit
Berlin (taz) – Wer haftet, wenn genmanipulierte Pflanzen den Menschen oder der Umwelt schaden? Darf ein Land die Einfuhr genmanipulierter Organismen verhindern? Soll es eine Kennzeichnungspflicht geben? Diese Fragen werden seit gestern in Cartagena, Kolumbien, verhandelt. Dort wollen sich 174 Staaten bis Dienstag nächste Woche auf ein rechtlich bindendes Protokoll für „Biosafety“ (Biosicherheit) einigen.
Das wird freilich schwer: Unversöhnlich stehen sich die großen Getreideexporteure und die Entwicklungsländer gegenüber. Die USA, weltweiter Biotechnik-Spitzenreiter, fürchten um die Absatzchancen für ihre gentechnisch gestylten Getreide-, Mais- und Sojaexporte und werden unterstützt von den großen Nahrungsexporteuren wie Kanada und Australien. Sie möchten so wenig Auflagen wie möglich. Die Entwicklungsländer fürchten, mit den Gefahren der neuen Produkte allein gelassen zu werden. Schon jetzt machen dort Firmen aus Europa und den USA zahlreiche Freisetzungsversuche – knapp 170 allein in Argentinien.
Dazwischen steht die EU, deren Verhandlungsführung Deutschland innehat. In den Vorverhandlungen galt auch Deutschland als Blockierer – nun wird gespannt die Haltung der neuen Regierung beobachtet. „Es ist nicht einzusehen, daß Import und Vermarktung von Gentechnik hier gesetzlich geregelt sind“, sagt Dan Leskien vom Umweltverband BUND, „andererseits aber die Bundesregierung entsprechende Regeln auf internationaler Ebene ablehnt.“
Die EU setzt sich für eine umfangreiche Kennzeichnung ein. Die Importländer sollten „soviel Informationen erhalten wie möglich“, sagte der britische Umweltminister Michael Meacher.
Nach bisherigen Welthandelsrecht kann ein Land den Import von Lebensmitteln nur untersagen, wenn eine unmittelbare Gesundheitsgefahr nachzuweisen ist. Die Entwicklungsländer möchten statt dessen das „Vorsorgeprinzip“ anwenden dürfen, nach dem schon ein begründeter Gefahrenverdacht zum Einfuhrstopp genügt. Außerdem verlangen sie klare Haftungsregeln für Exporteure, bei Schäden etwa durch Auskreuzen der gentechnisch erzeugten Eigenschaften auf Wildpflanzen.
Auch der Umweltausschuß des EU-Parlaments unterstützt diese Forderungen, doch findet er bislang bei der EU-Kommission kaum Gehör. „Wir stellen klar“, erklärte der Ausschuß in einem Brief an die Kommission trotzig, „daß es bei diesem Protokoll um Biosicherheit gehen sollte und nicht in erster Linie um Handel“. Doch genau das ist zu befürchten. Matthias Urbach
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