: Im Konsens an Kliniken sparen
Gesundheitsbehörde beruft Lenkungsgruppe für Krankenhausplanung ■ Von Heike Haarhoff
Ein zweites Hafenkrankenhaus soll es nicht geben. Eine Wiederholung der Protestwelle, die nach der Schließung der Kiezklinik durch die damalige Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) vor zwei Jahren durch Hamburg schwappte, will Fischer-Menzels Nachfolgerin Karin Roth (SPD) unter allen Umständen vermeiden. Bettenabbau, Umstrukturierung und Einsparungen in den 39 Krankenhäusern der Hansestadt wird es zwar weiterhin geben. Künftig allerdings nicht mehr im Alleingang durch die zuständige Gesundheitsbehörde verordnet, sondern in „Konsensgesprächen“ zwischen Behörde, Krankenkassen und Krankenhäusern einvernehmlich beschlossen, versprach Roth gestern.
Ein Novum in der Hamburger Gesundheitspolitik: Erstmals und ab sofort sitzen die drei verfeindeten Interessenvertreter Behörde (planende Instanz), Kassen (Kostenträger) und Krankenhäuser (Anbieter) im Streit um das Wohl der Patienten an einem Tisch, genauer gesagt in einer „Lenkungsgruppe“.
Die wurde gestern ins Leben gerufen, ist mit Vorständen, Direktoren und Geschäftsführern der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, den Verbänden der Krankenkassen sowie der Gesundheitsbehörde hochkarätig besetzt und hat ein Ziel: die Bedarfe der Gesundheitsversorgung in den Krankenhäusern zu ermitteln und anhand dieser Daten den „Krankenhausplan 2005“ aufzustellen. Bis Jahresende soll die Lenkungsgruppe dazu Expertengutachten und statistische Prognosen einholen. Anschließend will die Behörde einen Krankenhausplanentwurf vorlegen, der Ende 2000 vom Senat verabschiedet werden soll.
Bislang machte die Gesundheitsbehörde diesen Job weitestgehend allein und erntete für ihre rigorosen Sparpläne regelmäßig Kritik. Der große Vorteil der Lenkungsgruppe: Niemand kann sich hinterher beschweren, von nichts gewußt zu haben. Zum Erfolg verdammt sind Krankenhäuser, Kassen und Behörde zudem durch den Profi-Berater Reinhard Ueberhorst, der die Konsensgespräche moderieren wird.
Für Unmut in der Medizinerfachwelt könnte jedoch sorgen, daß Roth die Kassenärztliche Vereinigung, die die niedergelassenen (ambulanten) Ärzte vertritt, von ihrem erlesenen Konsenskreis ausgeschlossen hat: Der Bedarf an stationärer Versorgung läßt sich nur in Abhängigkeit von dem ambulanten Angebot ermitteln. Dennoch sitzt die KV nicht mit in der Lenkungsgruppe. Letztere müsse eben „steuerbar“ bleiben, verteidigte Roth die begrenzte Teilnehmerzahl. Die KV, wie übrigens auch die Patientenvertreter, würden allerdings als Experten herangezogen und dürften die Ergebnisse der Lenkungsgruppe diskutieren.
Rechtsverbindlichen Charakter haben deren Beschlüsse auch künftig freilich nicht. Im Zweifel entscheidet die Behörde. Und daß es der mit dem Sparen verdammt ernst ist, unterstrich Roth gestern erneut: Bis Ende 2000 müssen von den insgesamt 13.920 Krankenhausbetten in Hamburg weitere 449 abgebaut werden, um allein den aktuellen „Krankenhausplan 2000“ zu erfüllen. 449 Betten – das entspricht in etwa der Größenordnung von zwei Hafenkrankenhäusern.
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