: Pause von zu Hause
■ Die Scherze häufen sich: Fernando Truebas „La niña de tus ojos“
Fast überschlägt sich die Stimme des Wochenschausprechers. Schwarzweißaufnahmen aus Spanien, Italien und Deutschland flirren über die Leinwand. In rascher Folge sieht man Franco-Soldaten in Schützengräben, Aufmärsche zu Ehren Mussolinis, Militärparaden in Berlin, einen Stierkampf in einer spanischen Stadt.
Allmählich verwandeln sich die historischen in fiktive Bilder, nimmt die Gruppe von Kinoleuten rund um Regisseur Fontiveros (Antonio Resines) Gestalt an. Nach Berlin, so der Wochenschausprecher, breche die Truppe auf, um dort, in den UFA-Studios, eine deutsch-spanische Koproduktion zu drehen: Faschistische Propaganda kennt keine Grenzen.
Nachdem sich unlängst der italienische Schauspieler und Regisseur Roberto Benigni mit „Das Leben ist schön“ an eine Komödie über den Nationalsozialismus herangewagt hat, versucht sich nun auch der Spanier Fernando Trueba an der schwierigen Aufgabe. Das Ergebnis ist „La niña de tus ojos“ („Das Mädchen deiner Träume“), nach „Entre las piernas“ der zweite Wettbewerbsbeitrag aus Spanien. Als Kulisse wählt Trueba das Filmbusineß selbst: Da gibt es einen geizigen Produzenten, eine alternde Diva, den schwulen Ausstatter und anderes Personal mehr. Von der politischen Situation in Deutschland haben die Spanier nicht allzuviel Ahnung, ihnen geht es um die Karriere – und um eine Pause vom Bürgerkrieg zu Hause.
Natürlich kommen sie mit dieser Haltung nicht weit. Kaum in Berlin, werden sie Zeugen der Pogromnacht. Der Übersetzer mag zwar noch so oft sagen, er habe nichts gesehen, am Ende greift die Truppe um Fontiveros doch ein. Gipfelpunkt ist eine „Casablanca“ nachempfundene Flughafenszene – mit dem Unterschied, daß Trueba seinem Liebespaar eine Chance gibt.
Die Nazis – allen voran Propagandaminister Goebbels – sind durchweg lächerliche Gestalten. Das Zeitkolorit hat etwas von der Art, wie Benigni das KZ nachbauen ließ. Die Scherze häufen sich, Türen schlagen wie in Komödien üblich, ein Hund hebt die Pfote zum Hitlergruß. Leider hat das nur selten die Bösartigkeit, die die Kombination von Sujet und Gattung erfordern würde. Cristina Nord
„La niña de tus ojos“. Regie: Fernando Trueba. Mit Penélope Cruz, Antonio Resines u.a., Spanien 1998, 121 min
Heute, 15 Uhr (Royal), 20 Uhr (International), 23,30 Uhr (Urania)
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