Bestimmt der Paß die Identität? –betr.: „Einbürgerungshemmnis Frau“, taz.mag v. 13./14.2.99

1. Es wird behauptet, erst als Deutsche hätte frau „Anspruch, zumindest einen Teil der Gelder, die sie in die Rentenkasse eingezahlt hat, zurückzubekommen“. Einen Anspruch, (einen Teil der) in die Rentenkasse eingezahlte(n) Gelder zurückzubekommen, haben allein AusländerInnen, nämlich bei einer Rückkehr in das Herkunftsland – in dieser Situation kann man sich auszahlen lassen. Alle anderen, die sozialversicherungspflichtig tätig waren, haben, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Wohnort, Anspruch auf Rente. (Und daß Rente nichts mit „Zurückbekommen“ zu tun hat, dürfte wohl mittlerweile bekannt sein.) Der Einleitungssatz des Artikels ist also schlichtweg falsch.

2. Welches Bild von „Türkinnen“ steckt dahinter, wenn zur Illustration eines solchen Artikels ausgerechnet eine Frau mit traditionellem Kopftuch – nicht etwa mit modernem Turban oder ohne Kopfbedeckung – abgebildet wird? 3. Und was will die Unterzeile „Mit Doppelpaß sähe das anders aus“ sagen? Würde diese Frau das Kopftuch ablegen, wenn sie die doppelte Staatsbürgerschaft hätte? Bestimmt doch der Paß die „Identität“, wie Teile der CDU behaupten?

4. Nach der jüngsten Statistik des staatlichen statistischen Amtes der Türkei besitzen deutlich weniger als zehn Prozent der Frauen in der Türkei überhaupt Immobilien. Auch wenn es nach Gesetz – seit den 30er Jahren – so ist, daß Mädchen und Jungen gleichen Erbanspruch haben, besagt die Tradition , daß Mädchen auf ihren Anspruch verzichten. Die Angst um Verlust der Ahnengrundstücke dürfte also nur bei wenigen eine Rolle spielen. Außerdem ist fraglich, wie viele Familien von ArbeitsmigrantInnen überhaupt nennenswerten Grundbesitz haben. Es waren doch seltener die Vermögenden, die migrierten und dann in Hilfstätigkeiten arbeiteten. Zudem ist es seit einigen Jahren in der Türkei gesetzlich geregelt , daß bei erlaubtem Ausscheiden aus der Staatsbürgerschaft der Erbanspruch nicht erlischt.

5. Es gibt keine „unbefristeten Aufenthaltsberechtigungen“. Es gibt die befristete und unbefristete Aufenthaltserlaubnis sowie als ziemlich sicheren und kaum entziehbaren Status die Aufenthaltsberechtigung, die qua definitionem unbefristet ist. [...] Ayse Öktem, Hamburg