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Nicht immer nur weniger und billiger

■ Hamburger Krankenhausgesellschaft kritisiert die Kassen und die geplante Gesundheitsreform, lobt aber die eigenen Kliniken

Bloß nicht noch ein Schnellschuß. „Die Gesundheitsreform der Bundesregierung muß verschoben werden“, erregte sich gestern der Vorsitzende der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Heinz Lohmann, vor der Presse in Hamburg, auf daß sein Appell die Bonner Gesetzemacher auf diesem Weg erreiche. Der bisherige Strukturreformentwurf sei „zu wenig koordiniert“, als daß er wie geplant im Mai verabschiedet und zum 1. Januar 2000 in Kraft treten könne.

Zwar sei die Bonner Absicht „begrüßenswert“, die Krankenkassen mit den Krankenhäusern nicht länger pauschal nach PatientInnen abrechnen zu lassen, sondern nach Leistungen. Doch die Krankenkassen, warnte Lohmann, bekämen damit eine Machtposition innerhalb der Krankenhausplanung, die nicht gerechtfertigt sei.

Denn: Den Kassen gehe es nur „um kurzfristige Interessen“. Immer brächten sie „alles auf die Formel ,weniger und billiger'“. Damit aber laufe man Gefahr, „daß am falschen Ende gespart wird, daß also alles reduziert wird, was kostet“ – beispielsweise die teure Behandlung von Blutern oder Dialyse-Patienten. Und weil sich die Strukturreform darüber ausschweige, „wie die Kassen in die Verantwortung genommen werden sollen“ für ihre Planungen, müsse befürchtet werden, daß die PatientInnen die Leidtragenden seien. Kurz: Die Reform versäume es, neben der Abrechnungsweise auch die gesetzliche Sozialversicherung neu zu organisieren.

Direkt nach den PatientInnen aber kommen die gebeutelten Hamburger Krankenhäuser, folgt man den Ausführungen von HKG-Geschäftsführer Jürgen Abshoff. Zwischen 1995 und 1998 hätten die 41 öffentlichen, frei-gemeinnützigen und privaten Hospitäler der Hansestadt bereits eine halbe Milliarde Mark eingespart. 2500 Stellen wurden abgebaut. Die Krankenhäuser seien damit „leistungsfähig und wirtschaftlich“, bestätigt sich ihr Dachverband HKG in einer gleichlautenden Broschüre. Weitere „Sonderopfer“ seien nicht drin.

Die Behandlung in Hamburg ist zwar immer noch 15 Prozent teurer als im Bundesdurchschnitt. Das liege aber daran, daß Hamburg Metropolfunktion habe und im Gegensatz zu kleineren Kliniken im Umland „in unseren Krankenhäusern nicht nur Blinddarmoperationen, sondern auch kostspielige Behandlungen wie Herzoperationen oder Organ-Transplantationen angeboten werden“. Ein Viertel der jährlich 388.000 Patienten komme aus dem Umland, was beweise, daß an den „Spezialangeboten und den Spitzenleistungen“ keinesfalls gespart werden dürfe: „Mercedes ist auch teurer als VW.“ Heike Haarhoff

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