: Aufs richtige Gleis gesetzt
S-Bahn zum Flughafen kommt. Ab 2004 rollen die Züge vom Hauptbahnhof nach Fuhlsbüttel. Rot-grüner Koalovertrag geändert ■ Von Sven-Michael Veit
Für 1,40 Mark von Wedel zum Flughafen Fuhlsbüttel und zurück und zwischendurch zwei Wochen Gomera – in fünf Jahren soll das in Hamburg Realität sein. Die rot-grüne Koalition hat den Weg freigemacht für die seit Jahrzehnten diskutierte Schienenanbindung des Airports. Bereits im nächsten Jahr wird mit dem Bau der zweigleisigen und zum größten Teil unterirdischen 3,5 Kilometer langen S-Bahnstrecke zwischen Bahnhof Ohlsdorf und dem Flughafen-Terminal 4 begonnen. In dessen Keller harrt seit vier Jahren ein S-Bahnhof im Rohbau seiner Fertigstellung.
Die Investition von etwa 370 Millionen Mark teilen sich der Bund und die Stadt im Verhältnis 60:40. Der Hamburger Anteil von etwa 150 Millionen Mark steht im Finanzplan der Hansestadt seit Jahren bereit. Ab 2004 sollen die Züge im Zehn-Minuten-Takt via Ohlsdorf auf der Strecke der S1 in 23 Minuten zwischen Hauptbahnhof und Flughafen verkehren.
Als „Musterbeispiel für die Lösung eines hochkomplexen Problems“ pries Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) gestern im Rathaus dieses „Ende einer schier unendlichen Geschichte“. Zusammen mit Handelskammer-Präses Nikolaus Schües, der ein Jahr lang hinter den Kulissen die Verhandlungen „moderierte“, dem grünen Verkehrsexperten Martin Schmidt und Bausenator Eugen Wagner (SPD) präsentierte er „hochzufrieden“ die gefundene Lösung, für die Hamburg keinen Pfennig dazubezahlen muß.
Denn die Betriebskosten von jährlich rund 13 Millionen Mark sollen durch vier Einnahmequellen gedeckt werden. Gut 50 Prozent kommen aus einem neuen Kombi-Ticket für das HVV-Gesamtnetz, das die Fluggäste erhalten. Der Fahrpreis von 1,40 Mark für Hin- und Rückfahrt wird auf die Flugtickets aufgeschlagen. Die Flughafen Hamburg GmbH und die fünf größten Airlines, die zusammen rund 75 Prozent der Passagiere befördern, haben ihre Kooperation bereits zugesagt. Dazu zählen neben der Lufthansa die großen Charterfluggesellschaften HapagLloyd und LTU.
Die zweite Einnahmequelle werden Großkundenabos für die etwa 13.000 Beschäftigten am Flughafen bilden. Weitere Erlöse fließen aus dem Verkauf von Einzelfahrscheinen und aus der Umleitung der Zuschüsse von jährlich 1,6 Millionen Mark, die bislang für den künftig überflüssigen Airport-Bus 110 von Ohlsdorf zum Flughafen aufgebracht werden. Die Flughafen Hamburg GmbH erwartet im Jahr 2004 mehr als elf Millionen Passagiere und rechnet mit einer Umsteigerquote von 26 Prozent. Damit würden rund drei Millionen Fluggäste mit der S-Bahn fahren.
Die Bahn aufs Gleis gesetzt hatte eine elfköpfige Koalitionsrunde von SPD und GAL am Mittwoch nachmittag. In der rot-grünen Regierungsvereinbarung vom November 1997 war die Flughafen-S-Bahn zurückgestellt worden. Denn die GAL favorisiert seit langem die Einführung einer Stadtbahn in Hamburg. Deren Planung, so wurde nun von der Koalition„bekräftigt“, werde unabhängig von der kostenneutralen Realisierung der S-Bahn „mit Nachdruck“ weiterbetrieben.
Wir machen, so Martin Schmidt, „eben das Gute zuerst. Das Beste kommt aber noch“.
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