■ PKK-Proteste liefern der CDU/CSU Munition gegen den Doppelpaß: Mildernde Umstände
Die radikalen Aktionen Tausender KurdInnen nach der Verhaftung ihres Idols Öcalan bringen in der deutschen Innenpolitik unerfreuliche Wirkungen hervor. Denn bei einem umstrittenen Anliegen gerät die rot-grüne Regierung weiter in die Defensive. Es ist zu befürchten, daß die doppelte Staatsbürgerschaft oder andere Formen der Einbürgerung verwässert oder ganz verschoben werden.
Mit ihrem Projekt der Einbürgerung war die Regierung Schröder im Umkreis der verlorenen Hessenwahl ohnehin in die Bredouille geraten. Das veranlaßt Erwin Huber, CSU-Chef der bayerischen Staatskanzlei, nach der Erschießung dreier Kurden durch den israelischen Sicherheitsdienst in Berlin, mit neuem Schwung in die Kerbe zu hauen. Anhand der gewaltsamen Aktionen der kurdischen ImmigrantInnen sehe man ja, was Einbürgerung bedeute: eine neue Heimat für gemeingefährliche Kriminelle. Dieses Argument hatte bereits CDU-Chef Wolfgang Schäuble benutzt, als er zur Legitimation der Unterschriftenkampagne seiner Partei auf „8.000 gewalttätige Kurden“ verwies, die ebenfalls die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten würden. Der Aufruhr unter den kurdischen ImmigrantInnen dient der CDU nun als willkommener Anlaß, neue Munition für die bevorstehenden Landtagswahlen zu sammeln und das rot- grüne Anliegen weiter in Verruf zu bringen.
SPD und Grüne scheinen keine weitere Angriffsfläche bieten zu wollen. Während die Grünen zur Gesundheitsreform sprechen, denkt SPD-Innenminister Otto Schily über härtere Abschiebegesetze nach – nichts anderes, als was auch ein CDU-Minister tun würde. So richtig es sein mag, auf die Terrorangst vieler Menschen mit Repressionsankündigungen zu reagieren, so sehr läßt die Regierung schon jetzt die Verteidigung ihres eigenen Vorhabens vermissen: kein gutes Zeichen für die Zukunft.
Zur rechten Zeit käme nun ein öffentliches Plädoyer, daß an der Randale weniger tausend KurdInnen nicht scheitern darf, was die Situation einer Million ImmigrantInnen und ihr Zusammenleben mit der deutschen Bevölkerung grundlegend verbessern könnte. Außerdem würde die Einbürgerung mildernde Umstände schaffen: Wer eine neue Heimat findet, braucht seine verlorene nicht mehr mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Weil der deutsche Paß manchen Kurden das Gefühl der Heimatlosigkeit nimmt, wirkt er besänftigend. Doch auf derartige Argumente der Regierung wartet man vergebens. Hannes Koch
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