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Eine Frage der Perspektive Inbrunst und Präzision

■ Der Ort als Inspiration: die Ausstellung „Emergency – Dialoge zum Ausnahmezustand“ im ehemaligen Hafenkrankenhaus

Intensivstation, Röntgenabteilung, Arbeitsunfälle. Der Wegweiser stimmt nicht erwartungsfroh.

Auf eine Ausstellung weist in der Gartenanlage des Hafenkrankenhauses wenig hin: Unauffällig in den Erdboden eingelassen flimmern drei Monitore. Und bilden, kommt man im rechten Moment, ein Auge ab. Ein am Boden liegendes Auge, das Auge eines Ausstellungsbesuchers, der in diesem Moment in einen Sehschacht der ehemaligen Schwesternpflegeschule blickt. Der seinerseits die Besucher im Garten beobachten kann – wie sie über ihn hinwegsteigen oder ihn von oben betrachten – aus der Perspektive eines Verunfallten.

Emergency – Dialoge zum Ausnahmezustand heißt die Ausstellung, die drei Wochen lang das Hafenkrankenhaus wiederbeleben wird. Elf Künstlerinnen und fünf Künstler aus Hamburg haben mit ihrer Malerei, Photographie oder Videoarbeit spezielle Raumkonzepte entwickelt. Entstanden ist ein Dialog zwischen Ort und Kunst, der mit Krankheit und Tod nur am Rande zu tun hat. Es geht um die Zäsur, Veränderung oder Endgültigkeit, die ein Krankenhausaufenthalt mit sich bringt. Das Ergebnis ist vielschichtig, spannend und manchmal sehr witzig: Ulrike Lange hat eine „Hautjacke“ aus Photopapier, Silikon und Stoff gefertigt; Karin Ehrnrooth karikaturhafte „Prototypen gezeichnet“, denen echte Ärzte eine Diagnose gestellt haben. Ute Kühn, deren Raum vorwitzigen Haarbewuchs aufweist, will gemeinsam mit den anderen ein Sprechzimmer einrichten – „für akute Fälle“. Andere haben ihren Raum mit Schaumstoffelementen zu autistischer Abgeschiedenheit gedämmt oder erzeugen mit langen Reihen von Waschbeckenspiegeln und Plastikplanen auf dem Boden ein Gefühl nackter Anonymität. Bei Lela Erlenwein ist es nur noch ein Kissenmeer, das an ein Krankenhaus denken läßt: Über eine Rampe wird der Besucher zu ihren filigranen Wandmalereien geleitet, die er so ganz anders wahrnimmt.

Der Streit um die Schließung des Hafenkrankenhauses habe bei der Konzeption der Ausstellung keine Rolle gespielt, sagt Kuratorin Silvia Baumgart. Allerdings habe man das Gebäude noch ein letztes Mal öffentlich zugänglich machen wollen, bevor das Gesundheitszentrum errichtet wird. Die Ausstellung, die zum Teil von den KünstlerInnen selbst finanziert werden mußte, ist kostenlos. Wer helfen will, trinkt einfach etwas im Café – mit Aussicht auf die Notfall-Aufnahme.

Sabine Claus

Eröffnung: heute, 19 Uhr; Hafenkrankenhaus, Zirkusweg 11. Die Termine der begleitenden Lesungen, Vorträge etc. bitte dem Tagesprogramm entnehmen.

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