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Musik - ja, Pferde - nein!

■ Die staatliche „Hanseatische Veranstaltungs-Gesellschaft“ (HVG) soll das Musikfest veranstalten, nicht Pferderennen, findet die grüne Kulturpolitikerin Helga Trüpel

taz : Mit 30 Millionen Mark will die Stadtgemeinde Bremen zum Betreiber der Galopprennbahn werden und auch beim Pferderennen das Veranstaltungsgeschäft übernehmen. Ist dieser Tage in der Wirtschaftsdeputation, als diese Idee abgesegnet wurde, einmal berichtet worden, ob das in anderen Städten auch so ist, daß der Staat der größte Vergnügungs-Veranstalter ist?

Helga Trüpel, Wirtschafts- und Kulturpolitikerin der Grünen: Nein, das ist nicht berichtet worden. Die Wirtschaftsbehörde war übrigens sehr vorsichtig in der Darstellung dieses Projekts. Die Grünen waren aber die einzigen, die klar gesagt haben: Das Rennbahn-Geschäft soll privat finanziert und verantwortet werden.

Wenn man die 30 Millionen, die in die Rennbahn gesteckt werden, ernsthaft als Investition bezeichnen soll, dann müßte man mit einer Rendite von nahezu 3 Millionen im Jahr rechnen – anstelle der dauerhaften Zuschüsse.

Schon in den letzten Jahren ist immer wieder Geld in die Rennbahn gesteckt worden, die Zahlen und die Erfolge sind gleichzeitig aber seit Jahren rückläufig. Ich halte es für verfehlt, wenn man meint, die Rennbahn über den Staat retten zu müssen. Wir haben genug andere Projekte, die man konsolidieren sollte. Zum Beispiel gibt es in Bremerhaven auch im Zusammenhang mit möglichen Alternativen zum Köllmann-Projekt die Diskussion um das Auswanderungsmuseum. Das geht nicht ohne Anschubfinanzierung, da wäre das Geld besser angelegt als bei der Rennbahn.

Gibt es einen Experten, der der Wirtschaftsdeputation vor ihrem Beschluß dargelegt hat, auf dem Markt des Pferderennens innerhalb von drei Jahren einen neuen Standort zu etablieren?

Nein. In der Beschlußvorlage steht sogar, daß das Publikum um mehr als das doppelte gesteigert werden soll in diesem Zeitraum. Das wird so nicht gehen, wir müßten doch mit Hannover und Hamburg konkurrieren. Ich finde, Bremen hat andere Möglichkeiten zu glänzen und auch originär zu sein.

Die Stadt Bremen soll gleichzeitig die Mehrheit bei der Musikfest-GmbH übernehmen, die sich bisher vor allem über Sponsoren finanzieren sollte. Die Wirtschaftsdeputation der Bürgerschaft hat gleichzeitig die geplanten Zuschüsse erhöht, obwohl doch da die Erfahrung gemacht worden ist, daß sich der überregionale Zuschauerstrom in Grenzen hält.

Da sehe ich den Fall anders. Das Musikfest ist seit Jahren aufgebaut worden und hat ein gutes Renommée erworben. Es gab aber Probleme des Managements. Durch die öffentliche Trägerschaft soll nun sichergestellt werden, daß das Marketing viel früher beginnt als das bisher der Fall war, so daß auswärtige Veranstalter im Städtetourismus das Bremer Angebot einplanen können.

Das würde bedeuten: Der Staat als Veranstalter soll das Marketing besser organisieren als private Träger das getan haben.

Es ist einen Versuch wert.

Die Finanzströme werden dadurch aber noch undurchschaubarer, wenn die Glocke die guten Termine vergibt, die Saalmiete festlegt und gleichzeitig selbst als Veranstalter einen privilegierten Zugang zu den staatlichen Subventions-Töpfen hat.

Wir verlangen, daß den Aufsichtsgremien die Zahlen offengelegt werden. Wir wollen über die Wirtschaftsdeputation ein Controlling dieser Finanzströme. Sonst verlieren wir die parlamentarische Kontrolle völlig.

Der Staat zahlt die Löhne für das Philharmonische Staatsorchester und organisiert gleichzeitig – gebremst oder ungebremst, das ist die Frage – die große Konkurrenz gegen die einheimische E-Musikszene, nämlich das Durchreise-Programm des Musikfestes.

Das ist nicht nur eine Konkurrenz, man muß es in guter Abstimmung machen. Wichtig ist zum Beispiel die Begrenzung auf einen Zeitraum vor der Konzertsaison.

Haben private Veranstalter, die ohne die Glocke und die Fördergelder nicht E-Musik–Konzerte planen können, überhaupt Chancen gegen den HVG-Konzern?

Das ist ein Problem. Einen absoluten Monopolbetrieb darf es nicht geben.

Zum Beispiel könnte die Kammerphilharmonie als überflüssig an den Rand gedrängt werden.

Da ist die Kulturpolitik gefordert. Es muß eine Koexistenz von privaten Veranstaltern und der HVG sichergestellt werden.

Kann die Kammerphilharmonie zum Beispiel erwarten, daß sie fair behandelt wird, wenn sie zur Glocke, also zur Konkurrenz, geht und sagt: Ich möchte für dieses und jenes Top-Konzert einen Top-Termin buchen?

Das kann nur über eine politische Absichtserklärung gesichert werden, damit nicht die Eigen-Interessen von HVG und Musikfest vorgehen. Das muß im politischen Raum geklärt werden.

Müssen private Konzertveranstalter nicht wissen, mit welchen direkten und indirekten Zuschüssen das staatliche Konkurrenz-Angebot kalkuliert, wenn sie entscheiden sollen, ob sie auf diesem Markt noch ein geschäftliches Risiko eingehen können?

Das wäre schwierig.

Fragen: Klaus Wolschner

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