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Union macht gegen Ausländerrecht mobil

■ Kurdenproteste lösen Debatte um verschärftes Abschieberecht aus

Hamburg/Berlin (AFP/ADN/ dpa/taz) – Als Konsequenz aus den jüngsten Kurdenprotesten hat die Union eine Verschärfung der Ausländergesetze gefordert. Ihr Fraktionsvize Rüttgers sprach sich gestern dafür aus, künftig nicht erst bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe von drei Jahren abzuschieben: „Wer sich hier so gewalttätig verhält, daß er zu einem Jahr Strafe verurteilt ist, der muß raus.“ Die Bundesregierung habe seit der Verhaftung von PKK-Führer Öcalan nichts getan, um auf eine kritische Situation vorbereitet zu sein, sagte Rüttgers. Die Unionschefs Schäuble und Stoiber hielten Kanzler Schröder (SPD) vor, er habe „schwere Verantwortung“ auf sich geladen: „Schlechter konnte man es im Ergebnis nicht machen.“

Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) äußerte Verständnis für die Forderungen nach Ausweisung gewalttätiger Kurden: „Sie müssen umdenken, nicht wir.“

Die Grünen-Menschenrechtsexpertin Claudia Roth kritisierte, CDU und CSU würden „Öl ins Feuer gießen“, wenn sie den Kurdenkonflikt für sich politisch ausnutzen wollten. Der „Wettlauf der harten Worte“ sei unverantwortlich. Die Menschenrechtskonvention verbiete Abschiebungen in Länder wie die Türkei, wo die Folter eine übliche Praxis sei. Auch der SPD-Innenexperte Penner äußerte sich skeptisch, daß die von der PKK ausgehende Gewalt durch schärfere Abschiebegesetze eingedämmt werden könne. Es sei „zu einem Ritual geworden“, nach Vorkommnissen wie denen der vergangenen Tage nach Lücken im Ordnungsrecht zu suchen. Das aber sei „komplett geknüpft“, so Penner.

Unterdessen drängt die SPD auf eine rasche Einigung über ein neues Staatsbürgerrecht. Bis zur Sommerpause soll die Reform den Bundesrat passiert haben, so Fraktionschef Struck. Auf ihrer ersten Tagung seit der Bundestagswahl haben die FraktionschefInnen aus Bund und Ländern ihr Vorgehen abgestimmt. Bis Mitte März werde Innenminister Schily (SPD) einen überarbeiteten Entwurf des Staatsbürgerrechts vorlegen, kündigte Struck an, der „eine breite politische und gesellschaftliche Akzeptanz“ habe. Dabei spiele das von Rheinland-Pfalz und der FDP ins Gespräch gebrachte Optionsmodell „eine wichtige Rolle“.

Zugleich kündigte Struck an, die SPD werde „ausländerrechtliche Änderungen“ prüfen lassen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Krawalle müsse überlegt werden, wie „kurdische Straftäter abgeschoben weden können“. Bei den erforderlichen „Präzisierungen“ sei allerdings die Genfer Menschenrechtskonvention zu beachten, so Struck.

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