„This is no Ballermann 6“

■ Klischees und andere Kleinigkeiten: Bad Taste aus Palma de Mallorca musizierten im Freizeitheim Friesenstraße

In einer Hinsicht haben Punkrock und Hardcore die stets propagierten egalitären Ansprüche tatsächlich wahr gemacht: Egal, wohin du kamst, selbst in Osterode und in jeder anderen verdammten Stadt nördlich des Äquators gibt es seit Mitte der Achtziger rebellische BürgerInnenkinder, die sich die Haare gefärbt haben, gegen Nazis sind und mindestens eine Band gründeten, die nachhaltig beweist, daß das nun wirklich jede/r kann: in einer Band zu spielen. Und wenn du selbst so aussiehst und Bier aus der Büchse trinkst, ist auch kein langes Gelaber nötig. Die Verkumpelung folgt auf dem Fuße. Daß allerdings auch in dieser Szene der vermeintlich vaterlandslosen Gesellen manch ein Mensch verdächtig flott mit Klischees bei der Hand ist, wenn einmal eine Band ausgerechnet aus Palma de Mallorca kommt, stimmt nachdenklich. Mit den Worten „Especially for our friends from Mallorca“ hatte beim Konzert der mallorciner Gruppe Bad Taste im Freizeitheim Friesenstraße jemand der Menge angekündigt, daß es zu Ehren der Gäste auch Sangria gäbe, worüber die sich gar nicht freuen mochten.

Aber der Reihe nach. Bevor es dazu kam, durften noch Mad Minority aus Osterode ran. Die spielten einen durchweg flotten Hardcore mit einem leichten Schlag Metal in der Rhythmusgitarre und einer guten Tüte Betroffenheit in den Texten. Etwas dezidierter äußerten sich Bad Taste aus Mallorca. Nach ausdrücklicher Distanzierung („This is no Ballermann 6, this is real squatting, real fighting!“) von Standardvorstellungen brannten sie ein Feuerwerk krachiger Hardcore-Songs ab, die in Prägnanz und Durchschnittsgeschwindigkeit eine deutliche Steigerung zu Mad Minority darstellten.

Auch zwischen den Stücken gaben sich Bad Taste deutlich kämpferischer. Sämtliche klassischen Issues konsequent in schätzungsweise dreißig Songs pro Konzert: Machos, Nazis, Polizei und der Song zur aktuellen politischen Lage. „Kosovo“ hieß der und schmähte Serbiens Präsident Slovodan Milosevic als Nazi. Soweit war also alles in Ordnung, schließlich waren schon die Sex Pistols schnell dabei, Nazis auch dort zu entdecken, wo sie keine trafen, weshalb ausgerechnet die Königin nach Punkermeinung einem faschistischen System vorstand. Aber als dann jemand die Assoziation von Punkrock aus Spanien und weinhaltigen Erfrischungsgetränken gleicher Herkunft herstellen wollte, da wurden sie richtig ein bißchen ungenießbar. Stolz verkündeten sie, kein Mensch, der etwas auf sich halte, trinke Sangria auf Mallorca!

Ist ja schon gut. Auch in Bremen trinkt niemand Beck's, wer irgendwie cool sein will! Immer diese Klischees. Ist doch wahr. Da wird einem/r doch ein völlig falsches Bild vermittelt. In Wirklichkeit sind die Punker von Palma de Mallorca natürlich auch nicht anders als die von Bremen. Na gut, in Palma haben sie immerhin heute noch ein besetztes Haus, aber sonst?!

Andreas Schnell