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KommentarHübners soziale Bombe

■ Eine soziale Stadtpolitik sieht anders aus

Vor Frau Hübner ist kein Fettnapf sicher. Nirgendwo. Gerade hat sie unerwartet glimpflich den Papierkrieg zum Krankenhausplan vorerst überstanden. Schon ihre dabei praktizierte Taktik der wohlplazierten Schreckensnachrichten entbehrte zumindest in ihrer Umsetzung jeglicher politischer Souveränität. Daß sie jetzt aber hinter die in diesem Konflikt mühsam erreichten Kompromisse zurücktritt, zeugt endgültig von ihrer politischen Unklugheit.

Frau Hübner, die offensichtlich geringe Halbwertszeit ihrer Garantien und ihre wahllose Suche nach einem Fettnapf sind indes nur die eine Seite der Medaille. Ihre Pläne zum Urban-Krankenhaus berühren das soziale Gleichgewicht in einem der problematischsten Bezirke der Stadt.

Wie glaubwürdig können denn die Bemühungen des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen um eine Sanierung der sozialen Strukturen der Stadt, um die Konzentration auch finanzieller Mittel auf Problembezirke sein, wenn seine Parteifreundin Beate Hübner mal eben die Struktur des einzigen Kreuzberger Krankenhauses auszuhöhlen gedenkt? Eines Bezirks, der an der untersten Stelle im sozialen Ranking Berlins steht, der dementsprechend reich auch an handgreiflichen Auseinandersetzungen ist.

Die Bezirksreform mag eine gute Sache sein, eine Kooperation der Kliniken Kreuzbergs und Friedrichshains eine Selbstverständlichkeit. Doch plant der Senat auch, die Sprachschulung sämtlicher MitarbeiterInnen des Krankenhauses Friedrichshain zu finanzieren? Und wie sieht es mit den Folgekosten dafür aus, daß eine große Zahl der Kreuzberger ImmigrantInnen faktisch nicht mehr ins Krankenhaus gehen würde? Ganz zu schweigen von der sozialen Funktion, die die leistungsfähige Ambulanz im Urban einnimmt.

Beate Hübner hat mit ihrem „Geheimplan“ zur Reduzierung des vielgepriesenen „Modellkrankenhauses“ am Urban eine soziale Bombe gezündet. Das ist ungefähr das letzte, was dieser Bezirk im Moment brauchen kann. Schleunigst sollten sich deshalb der eigenen politischen Glaubwürdigkeit, dem Bezirk und der Stadt zuliebe Frau Hübners Parteifreunde daran machen, den Sprengsatz zu entschärfen. Barbara Junge

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