: Urban-Krankenhaus befürchtet Tod auf Raten
■ Gesundheitssenatorin will Unfallchirurgie, Kardiologie und Teile der Rettungsstelle streichen
Wenige Wochen nachdem die Schließung des Urban-Krankenhauses vom Tisch war und man sich auf eine Reduzierung auf 570 Betten geeinigt hatte, droht der Klinik nun nach jüngsten Planungen von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) ein Tod auf Raten. Entgegen den bisherigen Vereinbarungen sollen jetzt wesentliche Bestandteile ersatzlos gestrichen werden. Dazu gehören große Teile der Rettungsstelle, die Unfallchirurgie, die Geriatrie, die Abteilung Magen-/Darmkrankheiten und die Kardiologie, die erst kürzlich neu besetzt und mit einem Spezialgerät für zwei Millionen Mark ausgerüstet wurde.
Hintergrund der Neuplanung, von der die Mitarbeiter völlig überrascht wurden, ist ein geplanter Verbund mit dem Krankenhaus Friedrichshain (680 Betten), dessen Chirurgie und innere Medizin die Gesundheitssenatorin stärken will. Das Urban soll dafür auf 504 Betten reduziert werden, wobei fast die Hälfte der Betten für eine vergrößerte Psychiatrie vorgesehen ist.
Damit würde den Problemen Kreuzbergs keineswegs Rechnung getragen. Die Bevölkerung des Bezirks hat die niedrigste Lebenserwartung, die höchste Erkrankungsrate. Der Bezirk weist den niedrigsten Sozialindex der Stadt und einen hohen Ausländeranteil auf. 25 Prozent der Patienten kommen aus Neukölln, wo es derzeit eine Unterversorgung bei der inneren Chirurgie gibt. „Damit sind keine Auffangmöglichkeiten mehr gegeben“, warnt eine Ärztin. Die Anästhesistin Rosalinde Erlebach bezeichnet Hübners Pläne als „Katastrophe für Kreuzberg“. Danach sei Notfallmedizin nicht mehr machbar. „Wenn wir kein Unfallkrankenhaus mehr sind, ist das der langsame Tod.“ Bei der geplanten Fusion mit Friedrichshain blieben von den jetzt 5,8 Akutbetten auf 1.000 Einwohner nur noch 1,78. Nach Ansicht des Gesundheitsexperten der Grünen, Bernd Köppl, ist das Urban-Krankenhaus „ausgeplündert“ worden. Die Pläne nennt er eine „nicht überlebensfähige Mißgeburt“. Damit sei das Urban als „Zentrum akuter Versorgung“ nicht zu halten. Barbara Bollwahn de Paez Casanova
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