Keine Tolerierer toleriert

■ Die PDS bleibt bei den Berliner Grünen ebenso außen vor wie die Parteilinke Schillen

Berlin ist nicht Magdeburg und nicht Schwerin. Nach der SPD haben am Wochenende auch die Bündnisgrünen beschlossen, eine Koalition oder Tolerierung durch die PDS für die Zeit nach den Landtagswahlen im Herbst auszuschließen.

Die Koalitionsfrage stand auf dem Parteitag am Freitag und Samstag ganz oben auf der grünen Tagesordnung. Drei Anträge lagen dazu vor. Eine realpolitische Gruppe um die grüne Abgeordnetenhausfraktion forderte eine strikte Absage an die PDS. Von den Parteilinken kam der Antrag, die Tolerierungsfrage bis nach den Wahlen offenzuhalten. Und die Bezirksgruppe aus Kreuzberg plädierte für eine Zusammenarbeit mit der verschmähten PDS. Klare Mehrheiten waren für keinen der Anträge zu erwarten.

Ein gespaltenes Bild jedoch wollten die Bündnisgrünen kurz vor dem Beginn des Wahlkampfs nicht bieten. Also setzen sich die ProtagonistInnen der Positionen zusammen, um einen Kompromißantrag zu formulieren. Der sieht nun so aus, daß auf der einen Seite eine Zusammenarbeit mit der PDS ausgeschlossen wird. „Wir stellen fest“, heißt es in dem Antrag, „es wird in Berlin – schon wegen der von uns zur Kenntnis genommenen Haltung der SPD und ihres Spitzenkandidaten Walter Momper – weder zu einer Koalition mit noch zu einer Tolerierung durch die PDS kommen.“ Die PDS habe das Ihrige dazu getan, deren kritische Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte stagniere.

Auf der anderen Seite aber wurde als Zugeständnis an die Parteilinke ein Passus eingeführt, in dem es heißt, daß die regierende Große Koalition die Stadt gespalten habe und deren Ablösung nun das erste Wahlziel sei. Für die soziale und ökologische Entwicklung der Stadt seien dafür alle Regierungskonstellationen unter Beteiligung von Bündnis 90/Die Grünen besser als die Fortsetzung der Großen Koalition.

Nachdem der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland und der dem linken Flügel angehörende Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele für den Kompromißantrag in die Bütt gestiegen waren, wurde der Antrag mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die Interpretationen darüber, ob damit die Tür zur PDS endgültig zugeschlagen sei, gingen jedoch auch anschließend auseinander. Derzeit würde es in Berlin ohne eine Beteiligung der PDS nicht für ein rot- grünes Regierungsbündnis reichen.

Nachdem am Freitag der mühsam erarbeitete Kompromiß durchgegangen war und die Partei ein zwar fragiles, aber doch einheitliches Bild präsentieren konnte, war es am Samstag allerdings vorbei mit der Harmonie. Bei der Wahl des neuen Landesvorstands konnte sich zwar der bisherige Amtsinhaber Andreas Schulze mit 104 von 137 Stimmen durchsetzen. Die Kandidatin für den zweiten Posten, die Parteilinke Ida Schillen, fiel dagegen durch. Schillen, die noch vor dem Parteitag für die Offenhaltung der PDS- Frage plädiert hatte, erhielt nur 65 Jastimmen bei 63 Gegenstimmen. Eine Gegenkandidatin hatten die Realas nicht aufgestellt, so daß das SprecherInnengremium der Grünen vorerst unquotiert bleibt. Eventuell können auf den wahlvorbereitenden Parteitagen im März oder im Mai Nachwahlen stattfinden. Barbara Junge