: G7 wollen Finanzmärkte überwachen
■ Industriestaaten gründen Kontrollforum als Krisenfrühwarnsystem und kündigen Beschluß über Entschuldung für ärmste Länder an
Bonn/Berlin (dpa/rtr/taz) — „Wir müssen wissen, wie verschuldet eigentlich die Länder sind, wie verschuldet die großen Firmen und wie engagiert die Banken“, erklärte der deutsche Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer am Wochenende auf dem G7-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Industrienationen. Sein einstimmig angenommener Vorschlag: Künftig soll ein „Forum für Finanzmarktstabilität“ als eine Art Informationsbörse den Durchblick auf den Kapitalmärkten erleichtern und weltwirtschaftliche Turbulenzen entsprechend frühzeitig erkennbar machen.
Zusätzlich sucht man nach einem Weg, die Aufsicht über Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel zu verbessern. Tietmeyer war auf einem früheren Treffen der G7, denen Deutschland, Frankreich, Kanada, Großbritannien, Italien, die USA und Japan angehören, mit der Entwicklung eines Konzepts zur Krisen- Frühwarnung beauftragt worden.
Das 40köpfige Forum soll unter Leitung des Generaldirektor der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Andrew Crockett, erstmals im April und dann zweimal jährlich zusammenkommen und keine weiteren Kompetenzen haben, als die Aktivitäten der nationalen Aufsichtsbehörden und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu koordinieren. Eine neue Weltbehörde, „die das alles reguliert“, werde es nicht geben, so Tietmeyer. Änderungen müsse „der Druck vor allen Dingen der Märkte bringen“.
Damit setzten sich erwartungsgemäß die Marktliberalen unter der Führung der USA gegen die Etatisten durch, zu denen vor allem Deutschland, Frankreich und Japan zählen. Keine Chance hatte so auch der Vorschlag des deutschen Finanzministers Oskar Lafontaine, Bandbreiten oder Zielzonen zur Begrenzung von Kursschwankungen zwischen Euro, Dollar und Yen festzulegen.
Am Rande des Treffens verlautete auch, daß sich die G7 bis zum Gipfeltreffen im Juni in Köln auf eine sehr viel weitergehende und einfachere Entschuldung der ärmsten Länder einigen wollen. Seit 1996 gibt es ein Programm von IWF, Weltbank und den westlichen Gläubigerstaaten, nach dem Schuldnern bis zu 80 Prozent der Schulden erlassen werden können. Allerdings ist diese Möglichkeit mit strengsten Auflagen verbunden. Eine großzügigere Regelung war in den vergangenen Jahren unter anderem am Widerstand des früheren Bundesfinanzministers Theodor Waigel gescheitert. bw
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