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Quicklebendige Pionierin hat Grund zum Strahlen

■ Die deutschen Stabhochspringerinnen Nicole Humbert und Nastja Ryshich erleben bei den Hallenmeisterschaften erfreut die zunehmende Publikumswirksamkeit ihrer jungen Disziplin

Karlsruhe (taz) – Wie erstaunlich sich das mit dem Stabhochsprung der Frauen entwickelt hat, erkennt man an folgender Begebenheit während der Deutschen Hallenmeisterschaften. Frank Busemann, Held aller Helden, hatte just mit einem wirklich guten Weitsprung ein klitzekleines Raunen hervorgerufen. Gerade trottete er zufrieden, aber unbemerkt von dannen, da brach in der Karlsruher Europahalle mächtiger Jubel los. Grund: Nicole Humbert hatte soeben 4,45 m übersprungen. Kein Einzelfall: So ging das den ganzen Nachmittag.

Frauen-Stabhochsprung ist immer noch eine junge Disziplin, und Humbert, Silbermedaillenegwinnerin bei der EM 1998, mit gerade mal 27 schon seine „immer noch quicklebendige Pionierin“, wie das Fachmagazin Leichtathletik ehrfurchtsvoll befindet. Wenn so eine Pionierin etwas einschätzt, zählt das. Und Humbert sagt, sie habe „so was“ wie in Karlsruhe „noch nie erlebt“. Man habe die Leute in der kleinen, aber fein ausverkauften Halle „nur ein kleines bißchen ankitzeln“ müssen, schon war Stimmung. Wie das? Punkt 1: Die Zulassung für Olympia in Sydney und die EM in Budapest vergangenen August, bei der Stabhochsprung erstmals ausgetragen wurde, hätten die Akzeptanz weiter gesteigert. Seitdem, sagt Humbert, „sind wir in den guten Meetings“. Die rekordbesessenen Meeting-Direktoren mögen die junge Disziplin natürlich auch, weil dort die Möglichkeiten längst nicht ausgereizt sind und Rekorde „relativ leicht fallen“, wie Humbert sagt. Punkt 2: Genau wie die Männer sind die deutschen Frauen in der Weltklasse, genau wie dort führt hier die „interne Teamkonkurrenz“, wie DLV-Präsident Helmut Digel das nennt, zu einer „inneren Dynamik“. Während einstige Publikumslieblinge wie Hochsprung und auch Weitsprung sich weitgehend anonym vollzogen, jagten sich Meisterin Humbert (4,45 m) und Vizemeisterin Nastja Ryshich (4,30 m) gegenseitig hoch. So was kommt an, wenn da „ein Zweikampf ist, wenn es richtig spannend ist“ (Humbert). Punkt drei: Der Wettbewerb ist nicht vorbei, kaum daß er angefangen hat. Die Zuschauer dynamisieren ihr Interesse und wahren es auch, wenn Humbert auf ihrem Bänkchen sitzt und Ryshich (21) auf ihrem schwarzweißen Handtuch vor sich hin starrt.

Was, sagt Humbert, „ist denn im Weitsprung“? Heike Drechsler. Und aus. Im Hochsprung? Die Weltspitze entsprungen. Im Stabhochsprung sind neben den beiden WM-Teilnehmerinnen mindestens noch die Meisterschaftsdritte Christine Adams (24), die nach einem Leistungsloch zurückdrängt, und die EM-Dritte Yvonne Buschbaum (18) erweiterte Weltspitze.

Die wird angeführt von der Australierin Emma George (24), die eben den Freiluftweltrekord auf 4,60 m gesteigert hat, auch den in der Halle hält (4,55 m) und klare WM-Favoritin für Maebashi ist (5. bis 7. März). Dahinter kommt die ungarische Hallen-Europarekordlerin Szabo (4,52 m) und dann ein Verfolgerfeld mit den beiden Deutschen, die den deutschen Rekord von ehemals 4,25 m in dieser Hallensaison dreimal verbessert haben und jetzt bei 4,46 m (Humbert) und 4,45 m (Ryshich) angelangt sind.

Humbert lebt von ihrer Technik. Im Vergleich mit der ehemaligen Zirksusartistin George fehlt es ihr an Physis, die es erlaubt, mit härteren Stäben zu springen. Und an Grundschnelligkeit. Sie hat mit ihrem Trainer Jochen Wetter zu Hause in Landau und am Stützpunkt in Mainz daran gearbeitet, doch viel ist nicht zu machen. Aber Humbert ist noch die erste Generation und schon ganz schön weit gekommen. In Karlsruhe hat jedenfalls keine so sehr gestrahlt wie Nicole Humbert. Und keine war, obwohl sie stets und speziell am Ende mürrisch guckte, so oft in Großaufnahme auf der Videowand wie Nastja Ryshich. Auch das zeigt: Für die Stabhochspringerinnen sieht es gut aus. -pu-

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