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New Labour im Clinch mit der Pressefreiheit

■ Die britische Regierung wollte einen Bericht über Polizeirassismus verhindern – ohne Erfolg

Berlin (taz) – Der britische Innenminister Straw glaubte, das Schlimmste verhindern zu können. Noch am Samstag abend, nach dem Andruck des Sunday Telegraph, erließ der Minister eine einstweilige Verfügung gegen die Zeitung – die Verbreitung einer Teilauflage von 300.000 Exemplaren konnte trotzdem nicht mehr gestoppt werden.

Der Grund für die Aufregung ist ein Untersuchungsbericht des früheren Richters Sir William Macpherson, in dem die Londoner Polizei des Rassismus beschuldigt wird. Der Richter war vom Innenministerium damit beauftragt worden, den Vorwurf zu untersuchen, ob im Falle des ermordeten schwarzen Jugendlichen Stephen Lawrence im Jahr 1993 die Polizei aus rassistischen Gründen schlampig ermittelt und deshalb die Verurteilung der Täter verhindert habe. Der damals 18jährige Lawrence war von fünf weißen Jugendlichen im Südwesten Londons erstochen worden. In der Öffentlichkeit sind alle bekannt – doch nicht einer von ihnen wurde jemals verurteilt. Der Fall hatte in Großbritannien zu einer heftigen öffentlichen Debatte geführt.

Der Sunday Telegraph hatte Auszüge aus diesem Bericht veröffentlichen wollen. Genau das lieferte den Angriffspunkt: Straw mahnte, die auszugsweise Veröffentlichung des Berichts sei sowohl der Lawrence-Familie als auch der Polizei gegenüber unfair. Auf die inhaltlichen Vorwürfe jedoch ging die Regierung nicht ein.

Er verurteile keineswegs alle Polizeibeamten als Rassisten, sagt Richter Macpherson, doch die Diagnose laute: „Institutionalisierter Rassismus“ als schleichende Krankheit, bei der sich die „Kranken“ nicht immer ihrer Vorurteile bewußt seien. Macpherson appelliert, das Problem müsse eindeutig akzeptiert werden, um gemeinsam mit den ethnischen Minderheiten ihm entgegentreten zu können. Er empfiehlt weiter, den Geltungsbereich eines Gesetzes gegen Rassendiskriminierung sowohl auf die Polizei als auch auf das Militär auszudehnen. Der Richter erklärt, jeder Polizeichef, der sich nicht in der Lage sehe, dementsprechend zu handeln, werde es extrem schwer finden, in Harmonie zu arbeiten.

Dies bringt den Londoner Polizeichef Sir Paul Condon in eine schwierige Situation. Er hatte sich stets geweigert, Rassismus der Londoner Polizei zur Kenntnis zu nehmen. Dabei gilt er, zumindest in Kollegenkreisen, als ausgesprochen politisch korrekt: Kein Polizeichef hat je engagierter die Stammtisch-Kultur der Polizei verurteilt, mit all ihren Vorurteilen und Diskriminerungen. Nach der auszugsweisen Veröffentlichung des Berichts nun wird sein Rücktritt erwartet. Nathalie Sopacua

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