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„Ich empfehle den Dialog ohne Tabu“

■ Arendt Hindriksen (Grüne), zu seiner Rolle als Vermittler bei PKK-Demonstrationen: „Fühle mich allein gelassen“

taz: Seit PKK-Chef Abdullah Öcalan in der Türkei inhaftiert ist, gab es drei friedliche kurdische Demonstrationen in Bremen. Jedesmal lief der Bürgerschaftsabgeordnete Arendt Hindriksen (Grüne) vorweg. Gehören Sie zum Beraterstab der Polizei in Sachen PKK – und wer gehört sonst noch dazu?

Arendt Hindriksen: Selbstverständlich gehöre ich zu keinem Beraterstab – aber die Polizei hat mich tatsächlich gebeten, aufgrund meiner Erfahrung, die ich speziell auch mit PKK-nahen Kurden habe, vermittelnd einzugreifen.

Glauben Sie ernsthaft, vermitteln zu können?

Sonst wäre ich nicht vor Ort. Es macht ja nicht wirklich Spaß, bei Regenwetter durch die Stadt zu ziehen und mit aufgebrachten Menschen zu diskutieren und zu versuchen, einerseits ihre Erregung und ihre Wut zu verstehen und ihnen andererseits immer wieder klarzumachen, daß sie nur gehört werden, wenn sie friedlich und gewaltfrei handeln.

Gehen Sie nicht davon aus, daß wenn die Brüsseler PKK-Zentrale Order zu Randale oder Geiselnahme gibt, genau dies auch hier geschehen würde? Da zieht doch kein einzelner Arendt Hindriksen die PKK-Notbremse.

Ich will mich da nicht überschätzen. Die PKK ist natürlich kein Pfadfinder-Verein. Aber manchmal wird sie auch überschätzt. Ich glaube, wir müssen nachdenken darüber, was Öcalan und die PKK für viele Kurden bedeuten. Unabhängig davon, daß ich die Methoden der PKK für völlig falsch halte, ist sie natürlich ein Symbol des kurdischen Widerstands. Durch seine Verhaftung wird Öcalan noch mehr zur Symbolfigur – und wahrscheinlich zum Mythos, wenn er, womit ich fast rechne, am Ende des Prozesses umgebracht wird. Ich schätze, 90 Pozent der PKK-Mitglieder sind genauso friedliebend wie andere Kurden. Aber es gibt einen bewaffneten Arm innerhalb der PKK.

Grundsätzlich kann es nur eine politische Lösung geben – aber die wird die Türkei nicht alleine hinkriegen, dazu braucht sie Unterstützung und Druck aus Europa.

Große Worte für den Vertreter einer kleinen Bremer Opposi-tionspartei zu einer großen Koalition. Was muß hier geschehen, damit die Situation nicht eskaliert?

Ich sehe nur einen Weg – das ist der Dialog. Wir müssen auf die Menschen ohne Angst und Tabus zugehen. Ich praktiziere das seit gut sechs Jahren, manchmal auch zum Unwillen meiner eigenen Fraktion – und besonders zum Ärger anderer Parteien. Aber ich finde, es hat sich gezeigt, daß der Dialog richtig war – bei dem ich, das möchte ich betonen, oft deutlich gemacht habe, daß ich die inhaltlichen Ziele und Methoden der PKK für falsch halte. Ihre Mitglieder müssen sich in Deutschland an unsere Regeln halten.

Wieso stehen Sie als „Dialogpartner“ in Bremen derzeit so alleine da? Die ausländerpolitische Sprecherin der SPD wußte vergangene Woche nicht mal, daß eine Demonstration von Kurden stattfindet.

Vorweg – ich fühle mich tatsächlich ein bißchen alleingelassen. Ich hatte schon gesagt, daß das nicht alles Spaß macht ...

... und bei der ersten gewalttätigen Demo wird man sagen ...

... Hindriksen ist drauf reingefallen. Von der CDU erwarte ich in dieser Sache ohnehin nichts anderes; Frau Wulff hat mit mir zusammen den kurdisch-deutschen Solidaritätsverein gegründet. Aber ich glaube, seit der Hessenwahl wird das Ausländerthema verstärkt instrumentalisiert. Wir haben in drei Monaten Bürgerschaftswahlen. Die SPD drängt in die Mitte – und da geht man nach Stammtischparolen. Die sagen eben: Ausländer raus. Ich glaube, daß unsere Gesellschaft sehr illusions- und visionslos geworden ist und sich dem Diskurs darüber, wie eine Gesellschaft – auch im Sinne der Globalisierung – aussehen muß, nicht mehr stellt.

Scheint kein aussichtsreicher Slogan zu sein, zumal Sie selbst auf keinem aussichtsreichen Listenplatz für die kommende Wahl stehen.

Ich werte diesen Platz nicht als Hinweis darauf, daß meine Arbeit abqualifiziert worden ist. Ich habe ja gegen relativ gute Leute verloren, die jetzt nachgerückt sind. Ich werde auch außerparlamentarisch grüne Menschenrechtspolitik vertreten und für eine offene Gesellschaft kämpfen, die das Recht des Einzelnen auf eigene Entwicklung anerkennt.

CDU-Innensenator Borttscheller reklamiert den friedlichen Verlauf der Kurdenproteste für sich. Sie seien Folge der Zerschlagung von PKK-Strukturen in Bremen. Wie sehen Sie das?

Wenn die PKK so organisiert ist wie ich es vermute, wird auch ein Innensenator Borttscheller mit seinen Observierungen keinen Einfluß darauf haben. Ich würde ihm lieber empfehlen, den Dialog zu suchen. Die Zerschlagung von PKK-Strukturen hat er ebensowenig erreicht wie die Zerschlagung der Strukturen der Grauen Wölfe. Die sind genauso gewaltbereit , wie das bei der PKK unterstellt wird.

Fragen: Eva Rhode

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