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Sparen, sparen, nochmals sparen

Den rot-grünen Haushältern ist der gestern im Bundestag eingebrachte Etat 1999 zu hoch. Sie wollen die Ministerialetats um ein weiteres halbes Prozent kürzen  ■ Von Christian Füller

Berlin (taz) – Bismarck kehrt zurück in die deutsche Politik – im roten und grünen Gewand. Zur parlamentarischen Premiere des Haushaltes einer SPD-Grünen- Regierung im Bund haben die Haushaltssprecher der Mehrheitsfraktionen mit drastischen Bismarckschen Formeln Einsparungen angekündigt. „Alles muß auf den Prüfstand“, sagte Hans Georg Wagner (SPD) der taz. Sein grünes Pendant Oswald Metzger kündigte für das Jahr eins der rot-grünen Regierung Offenheit an: „Wir sollten ehrlich sagen, welche Grausamkeiten wir begehen müssen.“

Zu diesem „harten Sparkurs“ (Wagner) zählt es, sämtlichen Ministerien ein weiteres halbes Prozent ihrer Haushaltsansätze wegzunehmen. Dies soll im Bundestag im Zuge der Etatberatungen geschehen, die gestern offiziell eingeläutet wurden. Der diesjährige Etat wird verspätet diskutiert, da die Regierung Schröder – wie bei Machtwechseln üblich – den bereits vorgelegten 99er Haushalt des Kohl-Kabinetts nicht übernimmt. Finanzminister Lafontaine (SPD) brachte das Zahlenwerk gestern ins Parlament ein. Es sieht Ausgaben von 488 Milliarden Mark vor. Die geplante Neuverschuldung liegt bei 56,2 Milliarden Mark.

Die weiter steigende Kreditaufnahme mißfällt den Etatexperten. Sie soll in den kommenden Wochen bei Ausschußberatungen reduziert werden – um zwei Milliarden Mark. Wagner und Metzger hätten vorab abgesprochen, so hieß es gestern, die Ministerialetats abzusenken. Den beiden Haushältern reicht die bisherige Verminderung um ein halbes Prozent nicht; sie wollen pauschal um ein weiteres halbes Prozent herunter. Metzger strebt mittelfristig sogar ausgeglichene Bundesetats an – durch „sparen, sparen, sparen“ und eine Veränderung der Sozialsysteme. An seine Fraktion gewandt sagte der Schwabe: „Da solltet ihr inzwischen klatschen, das ist Position der Grünen.“

Verkehrs- und Bauminister Müntefering (SPD) müßte nach dem neuen Sparkurs seine Ausgaben um 240 Millionen auf 48 Milliarden Mark absenken. Für das Budget von Verteidigungsminister Scharping (SPD) würde das ein Minus von 236 Millionen Mark bedeuten. Um Scharpings Etat werden harte Auseinandersetzungen erwartet – der Streitkräfteminister muß voraussichtlich über 400 Millionen Mark für einen möglichen Kosovo-Einsatz aufbringen, die noch nicht finanziert sind.

Für die CDU-Opposition nannte ihr Haushaltssprecher Friedrich Merz den Etat ein „Dokument der ziemlichen Ratlosigkeit“. Merz griff den Finanzminister an. Der Haushalt werde keinesfalls Wachstum und Beschäftigung bringen, wie Lafontaine behaupte. „Das Gegenteil wird eintreten“, sagte Merz, der auch stellvertretender Fraktionschef der CDU ist. Er sagte, Lafontaine stoße im eigenen Kabinett mit seinen finanzpolitischen Vorstellungen auf Widerspruch und sei „international isoliert“.

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