Verbleites Benzin raus, Telefon rein

■ Die Inflation in Deutschland wird mit einem neuen Warenkorb berechnet. Nie war nach dem Krieg die Teuerung so niedrig wie heute

Berlin (taz) – Telefonieren, heizen und gesund bleiben ist billiger geworden in Deutschland. Viel teurer sind Tabakwaren und die Müllabfuhr. Die Inflationsrate zwischen Januar 1999 und dem Vergleichsmonat des Vorjahres ist mit 0,2 Prozent die niedrigste, die jemals seit Beginn der Berechnung der Verbraucherpreise festgestellt wurde. Dies gab gestern in Frankfurt das Statistische Bundesamt auf einer Pressekonferenz bekannt.

Der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen, stellte außerdem die neuen Berechnungsgrundlagen für die Lebenshaltungskosten vor. 20 der insgesamt etwa 750 Güter und Dienstleistungen des Warenkorbes wurden ersetzt. Die Berechnungsgrundlage ändert sich nach internationalem Standard regelmäßig alle fünf Jahre. Letztmalig berechnet Wiesbaden die Lebenshaltungskosten für Ost- und Westdeutschland getrennt. Die Konsummuster haben sich seit 1991 schon angenähert. Aber es gibt immer noch deutliche Einkommensunterschiede zwischen Ost und West, die sich in den Kaufgewohnheiten niederschlagen. So geben die Verbraucher in den alten Bundesländern etwa 12,7 Prozent für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aus. In den neuen Ländern und Ostberlin kosten die Lebensmittel die Konsumenten hingegen noch 14,7 Prozent ihrer Einkommen.

Weil kaum noch jemand verbleites Superbenzin tankt, wurde es aus dem Warenkorb entfernt. Auch Leuchtstoffröhren sind aus der Mode gekommen. Wegen des gestiegenen ökologischen Bewußtseins der Verbraucher wurde statt dessen eine weitere Energiesparlampe in die Bemessungsgrundlage aufgenommen.

Die turbulente Entwicklung auf dem Markt für Telekommunikation zeigt sich daran, daß die Statistiker neuerdings die Preisentwicklung mehrerer Mobiltelefone und Telefonendgeräte beobachten. Die Öffnung des Telefonmarktes für private Anbieter im letzten Jahr ist dem 2,3köpfigen Durchschnittshaushalt deutlich zugute gekommen: Telekommunikationsdienstleistungen sind 1998 um 10,8 Prozent billiger geworden.

Eine wichtige Änderung gibt es beim Nachweis der Mietpreise. Außer den Nettokaltmieten werden endlich auch die sogenannten kalten Nebenkosten ausgewiesen. Damit hat das Statistische Bundesamt Verbraucherverbänden nachgegeben, die dies seit langem fordern.

Besser werden auch die Gesundheitsausgaben der Bundesbürger berücksichtigt. Außer den Rezeptgebühren für Medikamente wird der Verbraucher in Zukunft auch erfahren, wie sich seine Lebenshaltungskosten durch Zuzahlungen für Krankenhausaufenthalte und Zahnersatz verändern. Wegen der jüngsten Senkung der Rezeptgebühr sind die Kosten für Gesundheitspflege 1998 um 3 Prozent gesunken.

Am stärksten hat sich leichtes Heizöl verbilligt. Wegen des Verfalls der Erdölpreise auf dem Weltmarkt sanken die entsprechenden Preise um 16,7 Prozent. Die stärkste Teuerung war 1998 bei der Müllabfuhr zu verzeichnen. Die Kommunen greifen den Verbrauchern tief in die Tasche. Britta Symma