piwik no script img

Harmoniesüchtige Reform-Uni in neuer Verfassung

■ Mehr Einfluß der Studierenden auf die Lehre, weniger Amateure an der Uni-Spitze

Nach einem wochenlangen Sitzungsmarathon haben Konzil und Akademischer Senat der Humboldt-Universität am Freitag abend eine neue Verfassung beschlossen. Sie soll die studentische Mitsprache in Fragen von Studium und Lehre stärken: Ein „Studiendekan“, der selbst Student sein kann, ergänzt die herkömmliche professorale Fakultätsspitze aus Dekan und Prodekan. Die Studierenden dürfen zwei Kandidaten für den Posten vorschlagen, doch darf sich die Professorenmehrheit im Fakultätsrat darüber hinwegsetzen, wenn ihr beide Anwärter nicht behagen. Nicht zu umgehen ist dagegen das ebenfalls neu eingeführte Vetorecht der Studierenden bei der Wahl des Vizepräsidenten für Studium und Lehre, der auf der Ebene der Gesamt-Uni den Studiendekanen entspricht.

Doch die Uni will nicht nur studentenfreundlicher, sondern auch professioneller werden. Deshalb sollen die Vizepräsidenten ihr Amt nicht mehr als Nebenjob versehen. Sie dürfen künftig fünf Jahre lang amtieren und müssen nicht mehr lehren. Der Posten des Kanzlers, bisher als Verwaltungschef das professionelle Gegengewicht zu den professoralen Amateuren im Präsidium, entfällt. Statt dessen kümmert sich einer der Vizepräsidenten um den Haushalt.

Während Studiendekane und straffe Uni-Spitze im Trend der bundesweiten Reformdebatte liegen, mochte die Humboldt-Universität dem Vorschlag nicht folgen, in Zukunft die Chefs der Fakultäten automatisch ins zentrale Uni-Gremium, den Akademischen Senat, zu entsenden. Dem Außenstehenden erscheint die Frage akademisch, sind doch dank professoraler Absprachen stets alle großen Fächer unter den Senatoren vertreten. Doch das 60köpfige Konzil diskutierte das Problem in der vergangenen Woche gemeinsam mit dem Akademischen Senat mit Inbrunst.

Die Studenten hatten bei Montesquieu nachgeschlagen und fürchteten eine unzulässige „Vermischung von Exekutive und Legislative“, falls die Regierungschefs der Fachbereiche im parlamentsähnlichen Senat Platz nehmen sollten. Ralph Bollmann

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen