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Deutsche Messe für den Verbündeten

■ Industrieschau in Jakarta freut Indonesiens umstrittenen Präsidenten Habibie. Viele Indonesier wundern sich über Hilfe aus Deutschland

Jakarta (taz) – Indonesien ist das Land der Gerüchte, und ein Gerücht hält sich hier besonders hartnäckig: Präsident B.J. Habibie, der in Aachen ausgebildete Flugzeugingenieur, habe schon lange heimlich die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Alle Dementis des Staatschefs nützen nichts. Der Grund: Anders können sich viele Indonesier nicht erklären, warum die von politischen Skandalen und einer schweren Wirtschaftskrise bedrängte Regierung Habibies so stark von Deutschland unterstützt wird.

Jüngstes Beispiel ist die Investitionsgüter-Schau „Technogerma“, die Habibie gestern vor rund tausend indonesischen und deutschen Geschäftsleuten im Kongreßzentrum von Jakarta eröffnete. Über 200 deutsche Unternehmen stellen hier bis zum Wochenende aus. Neben Konzernriesen wie Siemens, der MAN-Tochter Ferrostaal und Hoechst sind zahlreiche mittelständische Firmen aus einem breiten Spektrum zwischen Elektronik, Anlagenbau, Chemie und Optik vertreten.

Dies sei „die größte und repräsentativste Ausstellung, die Deutschland in diesem Jahr im Ausland veranstaltet“, erklärte der Bonner Wirtschaftsminister Werner Müller. Er hatte am Vortag zusammen mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel in der Satellitenstadt Bumi Serpong Damai außerhalb Jakartas ein „Deutsches Industrie- und Handelszentrum“ eingeweiht.

Die von Bonn hoch subventionierte Messe war 1996 beschlossen worden – vom inzwischen zum Rücktritt gezwungenen Diktator Suharto und von Ex-Kanzler Kohl, die sich gern ihrer engen Freundschaft rühmten. Die Entscheidung, an der Technogerma festzuhalten, war unter anderem wegen der schweren Krise umstritten: Niemand mag vorauszusagen, wie lange Indonesien in der Rezession steckenbleibt. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaft um über 13 Prozent. Die Inflation stieg auf 70 Prozent. Die Banken sind völlig gelähmt. Deutsche Exporte nach Indonesien sanken um ein Drittel. Indonesische Ausfuhren blieben hingegen etwa konstant, da vor allem landwirtschaftliche Produkte konkurrenzlos billig wurden.

In den Augen vieler Indonesier wirkt die Technogerma aber auch, als ob die Bonner ihrem alten Freund Habibie vor den für Juni geplanten Wahlen unter die Arme greifen wollten. Der baden-württembergische Christdemokrat Teufel machte sich gar keine Mühe, diesen Eindruck zu verwischen: Die Deutschen stünden „zu diesem Präsidenten“, sagte er am Wochenende in einer mit Habibie- Schmeicheleien gespickten Rede. Minister Müller erklärte, er unterstütze „die von Habibie eingeleiteten demokratischen Reformen“.

Allerdings wächst in der Wirtschaft die Kritik an der Regierung Habibie. Angekündigte Reformen im Bankensystem und in der korrupten Justiz werden verschleppt. Der Präsident selbst steht derzeit unter starkem Beschuß: Kürzlich veröffentlichte eine indonesische Zeitschrift ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat Habibies mit dem Generalstaatsanwalt, dessen Echtheit der Präsident nicht bestreitet. Darin versucht er offenkundig, eine vom Parlament geforderte ernsthafte Untersuchung des Suharto-Vermögens zu verhindern. Jutta Lietsch

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