: Schlechte Laune bei Unternehmen
■ Die Wirtschaft wird 1999 nur um 1,5 Prozent zulegen, befürchtet der DIHT und kündigt Stellenabbau an. Schuld sei vor allem Rot-Grün
Bonn (AP/taz) – Sollte das so oft als Miesmacher geschmähte Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) doch recht behalten, was das Wirtschaftswachstum für das laufende Jahr angeht? Wird es doch nichts mit der dicken runden Zwei vor dem Komma, die das Bundesfinanzministerium dem aktuellen Haushaltsentwurf zugrunde gelegt hat? Gerade mal um 1,5 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt 1999 zulegen, das erwarten zumindest die Unternehmen, die der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) in seiner schon traditionellen Frühjahrsumfrage interviewt hat.
Dieses Ergebnis, das DIHT- Hauptgeschäftsführer Franz Schoser am Dienstag in Bonn vorstellte, ist meilenweit entfernt von der 2,5prozentigen Steigerungsrate, die die Bundesregierung und die meisten Sachverständigen noch vor einem Jahr angenommen hatten. Es liegt aber nahe an den 1,4 Prozent, die das DIW als Folge der weltwirtschaftlichen Turbulenzen für realistisch hält.
Auch auf dem Arbeitsmarkt dürfte die kriselnde Konjunktur nicht ohne Auswirkungen bleiben: Obwohl es etwa in den Informationstechnologien immer noch Mangel an qualifizierten Leuten gibt, gaben nur 12 Prozent der Unternehmen an, mehr Stellen schaffen zu wollen, 26 Prozent dagegen rechneten mit einem Abbau.
Schoser führte die geringen Wachstumserwartungen ebenfalls vor allem darauf zurück, daß die Exporte wegen der Krisen in Asien, Rußland und Lateinamerika zurückgingen, die nun fehlenden außenwirtschaftlichen Impulse nicht so schnell durch binnenwirtschaftliche Anstöße ersetzt werden könnten.
Zusätzlich nutzte er aber die Gelegenheit, die Politik der rotgrünen Bundesregierung zu geißeln. Diese habe die „guten Voraussetzungen nicht genutzt“. Im Gegenteil belasteten ihre ersten wirtschaftspolitischen Entscheidungen die Unternehmen. Beispielhaft unglücklich seien die Änderungen bei den 630-Mark- Jobs, die Ökosteuer, das Steuerreformgesetz sowie die Diskussionen um Scheinselbständigkeit, Unternehmensnachfolge und die Rücknahme der Einschränkungen bei Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung. Auch bei der Unternehmenssteuerentlastung und im Sozialbereich herrsche „Irritation vor“.
Die Stimmung in den Unternehmen, so das Fazit, sei „derzeit ausgesprochen schlecht“. Damit zeigten die Geschäftserwartungen erstmalig seit 1996 einen Richtungswechsel. Am deutlichsten habe das verarbeitende Gewerbe seine Hoffnungen zurückgenommen. Doch habe die schlechtere Laune auch Handel und Dienstleistungswirtschaft erfaßt.
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