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Die Monica-Maschine

■ Sie haben genug von Clinton, Starr und Co? Gilt nicht! Jetzt spricht Ms. Lewinsky persönlich! Das „im Grunde anständige Mädel“, das der Präsident einst schätzenlernte, verwandelte sich zum Start ihres Buchs „Monica's Story“ in die Leitfigur einer weltweiten Werbe-Offensive.

Nach dem Skandal das Geschäft: 13 Monate lang sorgte die Geschichte vom Präsidenten und seiner Praktikantin für Grabenkrieg und Machtkampf, jetzt soll sie Geld bringen. Gestern begann mit dem zweistündigen Interview Monica Lewinskys im amerikanischen Fernsehsender ABC die Großoffensive zur internationalen Vermarktung ihrer Geschichte. Letztes Jahr im Herbst hatte Sonderermittler Kenneth Starr einen Bestseller gelandet. Sein Report registrierte mehr als 1 Million Zugänge im Internet und erlebte Rekordverkäufe in den Buchläden. Ab morgen wird sich zeigen, ob die Geschichte noch einen Bestseller hergibt.

Für 24.95 Dollar liegt die von ihr selbst und Andrew Morton, dem Autor einer Lady Di-Biographie, geschriebene „Monica's Story“ in Amerikas Buchläden aus. 400.000 Mal ist sie schon weltweit vorbestellt. Buch und Interview sind die beiden Enden einer Zangenbewegung zur Eroberung des Weltmarktes.

Wer das Buch erwirbt, bekommt ein Interview dazu, und so geht denn Monica auf Reisen um die Welt. In den USA selbst wird sie keine weiteren Auftritte haben. Hier wacht noch immer Sonderermittler Starr über ihre öffentliche Rede – das ist Bestandteil des Abkommens zwischen ihm und ihr über ihre Straffreiheit im Zusammenhang mit ihren Aussagen in der Clinton-Affäre. Doch in England, wo heute ein Interview mit ihr ausgestrahlt wird, geht sie auf Tournee.

Auch auf dem europäischen Kontinent wird es Monica ohne Ende geben. Paris Match hat die Rechte auf den Serienabdruck ihres Buchs erworben, in Deutschland erwarben Bild und Ullstein Verlag Abdruck- und Interviewrechte. Selbst in Singapur und im israelischen Fernsehen wird es Monica-Interviews geben.

An dem Interview mit ABC hat Monica nichts verdient, wohl aber darf ABC auf große Geschäfte rechnen. Für jene Werbespots, die Monicas Interview unterbrachen, verlangte die TV-Gesellschaft ABC 800.000 Dollar pro halbe Minute. Das ist nicht ganz soviel wie die runde Million, die für die halbe Werbeminute bei der Ausstrahlung der Verleihung der „Oscars“ fällig sind, aber immerhin fünfmal soviel wie üblich. Auf 30 Millionen Dollar werden ABCs Einnahmen an diesem Abend geschätzt.

Was Monica für das Interview in Englands Channel 4 erhält, ist offiziell nicht bekannt, inoffiziell ist von 660.000 Dollar die Rede. Weitere Interviews sollen zwischen 100.000 und 500.000 kosten. Die Buchrechte in Amerika sollen ihr 600.000 Dollar bringen, die Verkäufe in England nicht gerechnet. Monica Lewinsky wird also im ersten Anlauf mehrere Millionen verdienen.

Der Auftritt bei ABC wurde medial groß vorbereitet. Monatelang füllten Spekulationen über ein mögliches Interview Nachrichtensendungen und Zeitungsspalten. Roseanne, die Skandalnudel unter Amerikas Talk-Mastern, hatte im vergangenen Jahr schon eine Million geboten. „Monica wird von Barbara Walters interviewt“, meldeten die Medien schließlich, womit ABC das Rennen gemacht hatte. „Interview mit Monica aufgezeichnet“, meldeten dann die Zeitungen im Januar, „Starr gibt Genehmigung zur Ausstrahlung des Interviews“, hieß es dann im Februar.

ABC selbst strahlte in seiner gestrigen Morgensendung Ausschnitte aus dem Interview als Appetithappen aus. Und MSNBC, der Konkurrent von ABC, brachte Sonntag abend ein Sunday Night Special über – nein, nicht Monica Lewinsky, sondern über Barbara Walters. Sie wurde als große alte Dame der Interviewkunst vorgestellt, Ausschnitte aus berühmten Interviews wurden gezeigt, die sie z.B. mit Lady Bird Johnson über präsidentielle Untreue geführt hatte, sowie mit Rose Kennedy, Pat und Richard Nixon, Nancy und Ronald Reagan, Fred Astaire. Heute, am Tag nach dem großen Medienereignis, tritt Barbara Walters selbst in der Sendung „Good Morning America“ zur Nachbereitung ihres Interviews auf – die Medien berichten über sich selbst.

Bei alledem gehen sie ein ähnlich riskantes Spiel ein wie Hillary Clinton, sollte die sich für den Senatssitz im Bundesstaat New York bewerben: Haben die Leute am Ende von Clinton und Lewinsky nicht die Nase voll? Ein Hinweis werden die Einschaltquoten geben. Bei Redaktionsschluß standen die noch nicht fest – spekuliert wurde mit zwischen 25 und 40 Millionen Zuschauern. Die Meßlatte ist hoch: Als 1993 Oprah Winfrey Michael Jackson interviewte sahen 62 Millionen Amerikaner zu. Peter Tautfest, Washington

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