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■ Das neue Steuergesetz wurde ohne Protestaktionen verabschiedetGeht in Ordnung – für den Anfang

Das Ungetüm mit dem Namen „Steuerentlastungsgesetz“ ist gestern im Bundestag verabschiedet worden – als eines der großen Projekte der neuen Bundesregierung. Die Industrie hatte vorher ein wahres Bombardement an Interviews abgelassen und mit stetig steigenden Jobverlusten durch Abwanderung ins Ausland oder gar absterbenden Branchen gedroht. Jetzt fehlte nur noch, daß sich die Bosse der Allianz oder Handelstag-Präsident Dieter Hundt nach dem Vorbild von Greenpeace vom Dach des Finanzministeriums abseilen, um ihre Wünsche doch noch in den Gesetzentwurf zu zwingen.

Das eigentlich anvisierte Ziel des neuen Steuergesetzes würde die Aufregung der Industrie wohl rechtfertigen. Immerhin hatte die rot-grüne Regierung ja versprochen, den Trend von 16 Jahren Helmut Kohl umzukehren: Durch immer neue Schlupflöcher und Abschreibungsobjekte konnten Gut- und Besserverdienende immer mehr Steuern mindern. Die Masse der arbeitenden Bevölkerung hingegen verdiente zuwenig, als daß sich diese aufwendigen Verlustzuweisungen lohnen würden – und mußte deshalb stetig mehr an den Staat zahlen.

Das neue Steuergesetz schafft nun aber keineswegs alle Abschreibungsmöglichkeiten für Besserverdienende ab, sondern nur einige – darunter ein paar besonders schwachsinnige. Die Aufregung der Industrie gründet sich also eher auf den neuen Ton aus Bonn als auf drohende Verluste.

Daß Selbständige oder Firmen mit gutem Profit einen wie auch immer taxierten „gerechten“ Anteil an den Staatsausgaben tragen sollen, wird heutzutage anscheinend schon als eine Zumutung begriffen. Anders ist die Aufregung über ein paar zusätzliche Milliarden pro Jahr für Industrie und Handel insgesamt nicht zu begreifen. Schließlich werden nicht nur die Steuerschluplöcher verringert, sondern in den nächsten Jahren auch die Steuersätze gesenkt.

Das Steuerentlastungsgesetz geht also in Ordnung, auch wenn viele Experten sich mehr erhofft hatten. Die Industrie konnte nicht wie bei der verunglückten Ökosteuer weitreichende Ermäßigungen und Ausnahmeregelungen herausschlagen. Ob es allerdings jemals zu einem bedeutend einfacheren Steuerrecht in Deutschland kommt, bleibt offen. Vor den nächsten Wahlen jedenfalls dürfte sich niemand mehr mit all den Steuerlobbys anlegen wollen. Schade eigentlich: Dabei könnte man so viel lernen über Steuerprivilegien und die Lobbyhelden der parlamentarischen Demokratie. Reiner Metzger

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