Geöffnete Gesellschaft

Hamburgs Bildungsbehörde fördert künftig auch politische Veranstaltungen kleiner Träger. Die großen sind skeptisch  ■ Von Judith Weber

Die geschlossene Gesellschaft öffnet ihre Türen. Ab April will Hamburgs Bildungsbehörde verstärkt kleine Träger politischer Weiterbildung fördern sowie solche, die sich frisch gegründet haben und deshalb bis heute keine Chance hatten, Geld von der Stadt zu bekommen. Das geht aus einer Richtlinie hervor, welche die Deputation der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB) vorige Woche verabschiedet hat.

Bisher waren die finanziellen Verhältnisse klar, aber unbefriedigend: Fünf große Träger bekamen von der Behörde feste Budgets zugeteilt. „Arbeit und Leben“ und die Staatspolitische Gesellschaft waren dabei, „Umdenken“, das DAG-Bildungswerk und die „Neue Gesellschaft“. Andere Vereine und Organisationen konnten nur schwerlich Geld bekommen. „Diesen Closed Shop gibt es nun nicht mehr“, freut sich Achim Meyer auf der Heyde, Leiter des Amtes für Berufs- und Weiterbildung. „Jetzt können theoretisch all jene Mittel beantragen, die politische Bildung anbieten wollen.“ Gefördert werden nicht mehr die Träger, sondern die Projekte, die sie anbieten.

Rund 2,5 Millionen Mark gibt Hamburg in diesem Jahr dafür aus. Eine weitere Neuerung: Zum ersten Mal fließt das Geld nicht nur in die Kassen jener Träger, die schon am Anfang des Jahres sagen können, welches Seminar sie am zweiten Wochenende im Oktober anbieten wollen. Zehn Prozent des Budgets sind für Veranstaltungen zu aktuellen Themen reserviert – sei es ein Vortrag zum Volksentscheid oder ein Infoabend zur geplanten Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Auch die OrganisatorInnen müssen nicht unbedingt aus dem Kreis der etablierten Bildungsträger kommen. „Denkbar wäre zum Beispiel, daß die Initiative ,Mehr Demokratie' eine Veranstaltung anbietet“, erklärt Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion.

Unter anderem auf ihre Initiative ist die neue Richtlinie zurückzuführen. Gemeinsam mit anderen grünen Abgeordneten stellte Goetsch im Mai vergangenen Jahres den Antrag, die Förderung der politischen Bildungsträger so zu regeln, „daß auch kleinen und neuen Trägern der Einstieg in die Förderung ermöglicht wird“. Außerdem sollte Geld „nach transparenten und nachvollziehbaren Kriterien“ vergeben werden.

Dafür wird künftig ein Fachbeirat sorgen. In dem Gremium sollen Bürgerschafts-Abgeordnete und VertreterInnen von Weiterbil-dungseinrichtungen sitzen, dazu die Landeszentrale für politische Bildung, die Hochschulen und Amtsleiter Meyer auf der Heyde. Gemeinsam sollen sie die BSJB bei der Anerkennung politischer Bildungsveranstaltungen beraten.

Bei den fünf Trägern, die bisher gefördert wurden, löst das Skepsis aus. Schließlich sind „in der Richtlinie nicht einmal klare Kriterien für die Geldvergabe formuliert“, kritisiert Christiane Rix von der Neuen Gesellschaft. Sie hätte eine Regelung wie in Nordrhein-Westfalen bevorzugt, „wo die Höhe der Förderung sich nach erteilten Unterrichtsstunden richtet“. Kleine Träger wie Stadtteilvereine oder Initiativen seien zudem „mit dem Aufwand der bürokratischen Antragstellung überfordert“. Da wäre es sinnvoller, argumentiert Rix, wenn die Großen gefördert würden und sich verpflichteten, mit den Kleinen zusammenzuarbeiten.

Vor lauter Frust will man in der Staatspolitischen Gesellschaft lieber „gar nichts sagen“ zu den neuen Richtlinien – nur, „daß wir nicht glücklich damit sind“.