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Ost-Timor soll über Unabhängigkeit entscheiden

■ Jakarta will Ende April Stufenplan vorlegen. Von einem Referendum ist nicht die Rede

Bangkok (taz) – Von einem „sehr großen Schritt nach vorn“ sprach UNO-Vermittler Jamsheed Marker: Zum ersten Mal hat die indonesische Regierung akzeptiert, daß die Bewohner Ost-Timors „in einer direkten Abstimmung“ über ihre politische Zukunft entscheiden dürfen. Darauf einigten sich Indonesiens Außenminister Ali Alatas und sein portugiesischer Amtskollege Jaime Gama am Donnerstag in New York.

Damit scheint eine große Hürde für die Lösung des Konflikts überwunden. Bislang hat sich Jakarta geweigert, die Osttimoresen zu befragen, ob sie bei Indonesien bleiben oder unabhängig werden wollen. Da die UNO die gewaltsame Annexion Ost-Timors 1976 durch Indonesien nicht anerkennt, gilt die ehemalige Kolonialmacht Portugal als rechtmäßige Verwalterin der Inselhälfte.

Überraschend hatte der indonesische Präsident B.J.Habibie im Januar angekündigt, Jakarta werde sich ganz von Ost-Timor trennen, falls die Bevölkerung einen indonesischen Autonomieplan ablehnt. Was „direkte Abstimmung“ bedeutet, ist unklar. Nach Ansicht des indonesischen Außenministers ist damit keinesfalls ein „umfassendes Referendum“ gemeint.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan kündigte an, „bald“ ein UN-Team nach Ost-Timor zu schicken, um das Votum vorzubereiten. Dabei geht es offenbar um einen Zweistufenplan: Zunächst sollen die Osttimoresen entscheiden, ob sie den Autonomieplan annehmen. Er sieht vor, daß Jakarta weiter über Außenpolitik, Verteidigung und wichtige Wirtschaftsfragen entscheidet. Die Provinzregierung in Dili dürfte unter anderem Steuern einziehen und eine eigene Polizei aufstellen.

Doch offenbar gibt es in Jakarta starke Widerstände gegen den Plan. Statt, wie angekündigt, im März, soll er erst Ende April vorgestellt werden. Allerdings mißtrauen viele Osttimoresen nach 24jähiger Militärherrschaft allen Versprechungen Jakartas.

Der exilierte Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung aus New York. Es sei sinnlos, eine Abstimmung zu organisieren, wenn die Armee mit ihren Gewehren hinter den Osttimoresen stehe, sagte er. Die Indonesier müßten deshalb vorher „ihre Soldaten abziehen und die Milizen entwaffnen“. Die UNO solle das Votum überwachen, damit es „keinen Zwang und keinen Terror gegen die Osttimoresen“ gebe.

Seit Anfang des Jahres terrorisieren bewaffnete Banden ganze Landstriche Ost-Timors. Sie drohen mit „Bürgerkrieg“, falls die Osttimoresen die Unabhängigkeit wählen. Tausende Flüchtlinge haben in Kirchen und in Dili Schutz gesucht. Jutta Lietsch

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