Der Erzbischof und die Gottesgaben    ■ Von Ralf Sotscheck

Wie gut, daß es den Dubliner Erzbischof Desmond Connell gibt, denn niemand gewöhnt den Iren den Katholizismus schneller ab als er. Diesmal ging es um Familienplanung: Der Erzbischof, mit seinem Würde verleihenden Kaffeewärmer auf dem Kopf, sprach in Maynooth zum 30. Jubiläum der päpstlichen Enzyklika über ein Thema, von dem er soviel versteht wie ein Karnickel von der Schafzucht.

Ein gewolltes Kind, das durch Familienplanung entstanden sei, könne unmöglich genauso geliebt werden wie ein ungewolltes, das ein Gottesgeschenk sei, predigte Connell. Solch ein Plankind lehne später seine Eltern ab, neige als Teenager zur Revolte und sei Zeit seines Lebens unglücklich: „Das Kind gehört nicht mehr zur Familie im persönlichen Sinn, wenn es ein Produkt ist und keine Person. Das Kind sieht keinen Sinn in einem Leben, das durch Technologie entstanden ist.“

Und das sei nur der Anfang, wer Verhütungsmittel befürworte, sei auch für die sexuelle Revolution, und die führe geradewegs „zum Chaos kaputter Familien, zur Kohabitation, zum häufigen Partnerwechsel, zur Scheidung und zur Ablehnung des neuen Lebens in der Gebärmutter“. Frauen sind besonders arg dran: „Die Verhütungsmittelkultur lehnt Mutterschaft ab und reduziert dadurch drastisch das Feminine in der Beziehung zwischen den Geschlechtern.“ Worauf Connell seine Behauptungen basiere? „Es ist nur so ein Gefühl“, sagte er, „ein Gefühl einer bestimmten Einstellung Kindern gegenüber.“ Diese „bestimmte Einstellung Kindern gegenüber“ hat Dutzende irischer Pfaffen in den Knast gebracht.

Die Temperaturmethode ist laut Connell erlaubt. Es sei das gleiche wie bei der Einkommenssteuer: Es gibt legale Methoden, um die Zahlung von Steuern zu vermeiden, und es gibt Steuerhinterziehung. Merkwürdig, daß die Leute nicht den Unterschied zwischen dem Verzicht auf Geschlechtsverkehr in fruchtbaren Zeiten und dem Gebrauch von Verhütungsmitteln sehen, wundert sich der Erzbischof. Seine Schäfchen wundern sich, warum ein Kondom unnatürlicher sein soll, als das Sexualverhalten nach einer Quecksilbersäule auszurichten.

Vielleicht liegt es daran, daß normale Leute nicht in bischöflichen Palästen mit Haushälterin leben, sondern meist in Mietwohnungen oder kleinen Reihenhäusern über die Runden kommen müssen, was auch ohne ein Dutzend kleiner Gottesgeschenke nicht immer leicht ist. Und wer, so mußte sich Connell fragen lassen, hat diese Gottesgaben denn wie Produkte behandelt? Es war die katholische Kirche, die ungewollte Kinder aus Irland nach Übersee verscherbelte oder in ihren Klöstern wie Sklaven hielt. Die meisten dieser Horrorgeschichten sind erst in den letzten Jahren ans Licht gekommen.

Connells halbgare Predigt hat selbst in den eigenen Reihen für Unruhe gesorgt. „Menschen zu kritisieren“, sagte ein Pfarrer, „weil sie Verhütungsmittel benutzen, ist das gleiche, als wenn man sie ausschimpft, weil sie morgens Cornflakes essen.“ Connell warnte seine Pfarrer, daß der heilige Thomas More 1478 für seine Ansichten enthauptet worden sei. Das ist inzwischen aus der Mode gekommen. Heutzutage geben sich erzbischöfliche Dumpfbeutel nur der Lächerlichkeit preis.