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Atomkolonialismus und Umnweltrassismus –betr.: „Die ÖTV-Basis hält gar nichts vom Ausstieg“, „Restlaufzeit kürzen“, taz vom 10. .3 99

[...] Die Atomausstiegsgespräche der Regierenden mit den Betreibern machen den Arbeitern angst vor Arbeitslosigkeit. Sie haben wahrscheinlich keine Angst vor atomaren Strahlen in den AKWs, in denen sie arbeiten. Wie sieht es mit ihrer Verantwortung bei Unfällen aus, bei denen die Umwelt radioaktiv verseucht werden kann? Denken sie nicht an ihre Nachkommen und Mitmenschen? [...] Ich habe die Hoffnung, daß die AKWs bald stillgelegt werden und die Atomarbeiter Arbeitsplätze finden werden, zum Beispiel beim Bau der Zwischenlager der AKWs. Bei der Aufsicht in den AKWs. Beim Abriß und bei der Endlagerung. Da gibt es viel zu tun, packt es an. Ria Becker-Faller

Reiner Metzger schrieb in seinem Kommentar: „Atomkraft bedeutet Tschernobyl, uranverseuchtes Sachsen, Tonnen von bombenfähigem Plutonium, weltweit Tausende von Arbeitern und Anwohnern der Atomanlagen verstrahlt.“ Aber das ist nicht die ganze Wahrheit über die Atommüllspirale. Über 70 Prozent der Atommüllhalden durch Uranabbau zerstören und verseuchen die Lebens- und Kulturräume der meist indigenen Völker in Afrika, Australien, Kanada – und das für die Stromverschwendung in den industrialisierten Dominanzgesellschaften weltweit. [...] Um ein AKW wie Brockdorf nur ein Jahr betreiben zu können, braucht es 33 Tonnen angereichertes Uran. Dafür werden an die 500.000 Tonnen Erdreich samt Luft und Wasserläufen radioaktiv verseucht und vergiftet.) Uranabbau erzeugt Krebskranke und Krebstote, vorgeburtlich schwer geschädigte Kinder, und die fragwürdigen Sanierungs(un)möglichkeiten der verwüsteten Abbaugebiete verschlingen Milliarden, schädigen die Volkwirtschaften nachhaltig weltweit. Atomkraft heißt also auch: Wir nutzen Strom aus Uran, die größten Atommüllberge aber überlassen wir den indigenen Völkern. Davon sprechen die Atomkonsensführer in ihren Nonsensgesprächen nicht. Bis hin zum letzten Atomarbeiter faseln sie weiter in ekelhafter Selbstgerechtigkeit von der „sauberen Kernenergie“, gehen dafür sogar auf die Straße: Ihnen reicht es, wenn sie Arbeit haben, egal, ob sie damit die Verseuchung durch Atommüllberge gerade den Völkern zumuten, die selbst nicht vom Atomstrom profitieren. Das ist Atomkolonialismus und Umweltrassismus pur. Ilona Joerden. Ventschau

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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