: TransFair-Siegel für Aufstandsbekämpfung?
■ Chiapas-Kaffee-Kampagne wirft mexikanischer Kooperative Kontakt zum Paramilitär vor
Berlin (taz) – Mexikanischer Kaffee mit dem TransFair-Siegel gehört in vielen Bioläden und Supermärkten zum festen Sortiment. Nicht zuletzt, weil sich der TransFair e.V. sowie die internationale Fair Trade Labelling Organisations International (FLO) gerechtere Handelsbeziehungen mit den Ländern der sogenannten dritten Welt auf die Fahne geschrieben haben. Jetzt müssen sich die beiden Organisationen mit dem Vorwurf auseinandersetzen, ihrem Handelspartner nicht genug auf die Finger zu gucken. Nach Aussagen einer „Chiapas-Kaffee-Kampagne“ soll der mexikanische Genossenschaftsverband, der für den deutschen Markt produziert, mit Verbänden kooperieren, die sich Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben. TransFair hat einen Fachmann vor Ort mit der Überprüfung der Anschuldigungen beauftragt, geht jedoch davon aus, daß sie haltlos sind.
Nach Informationen der Chiapas-Kaffee-Kampagne soll der Genossenschaftsverband Otilio Montana (Upedom) in das Aufstandsbekämpfungskonzept der mexikanischen Regierung gegen die aufständischen ZapatistInnen in Chiapas eingebunden sein. Er sei Teil des regierungstreuen Verbandes „Solidad Campesino Magisterial (Socama), der personelle und ökonomische Kontakte zur mexikanischen Regierung, dem Justizapparat und mit Paz y Justicia sogar einen paramilitärischen Arm unterhält, der von Menschenrechtsgruppen für die Vertreibung und die Ermordung oppositioneller LandarbeiterInnen in Chiapas verantwortlich gemacht wird. Die Kampagne hat TransFair deshalb zum Abbruch aller Beziehungen zu den Socama-Anbauvereinigungen aufgefordert.
TransFair erklärte dagegen, ein Fachmann, der die Kooperative im Rahmen des regelmäßigen FLO- Monitorings überprüfe, habe keine Bestätigung gefunden. Upedom sei allerdings bislang nur provisorisch ins FLO-Register eingetragen, eine endgültige Entscheidung über die Aufnahme soll nach Angaben von TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath in den nächsten Wochen fallen. Falls sich die Anschuldigungen gegen Upedom erhärten ließen, werde das einen Ausschluß zur Folge haben.
Allerdings, so Overath weiter, sei politische Neutralität ein wichtiger TransFair-Grundsatz. In polarisierten Regionen würden häufig vorschnell oder sogar systematisch ungerechtfertigte Beschuldigungen erhoben. Ein kritischer Blick auf die Menschenrechtslage sei notwendig, er wehre sich aber dagegen, daß der Konflikt auf Kosten seiner Organisation instrumentalisiert werde. „Wegen des Echos auf die Presseerklärung der sogenannten Chiapas-Kaffee- Kampagne bin ich in der letzten Zeit kaum zu meiner eigentlichen Arbeit gekommen.“ Peter Nowak
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