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Kein Signal für Integration

■ Türkischer Bund fordert Rücknahme des Gesetzesentwurfs für Staatsbürgerschaftsrecht

Scharfe Kritik hat der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) an dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht geübt, dessen Gesetzesentwurf gestern vom Bundeskabinett gebilligt wurde. „Dieser Entwurf verdient nicht den Namen Reform“, sagte der Geschäftsführer des TBB, Kenan Kolat. Das Gesetz sei „kein gutes Angebot für Ausländer“. Es sei kein Signal für die Integration. Kolat forderte die Rücknahme des Gesetzesentwurfs. Der als liberal geltene Türkische Bund hat 23 Mitgliedsorganisationen und vertritt ein Drittel der rund 150.000 in Berlin lebenden Türken.

Kolat, selbst SPD-Mitglied, kritisierte, daß der Entwurf sogar Verschlechterungen gegenüber dem jetzt noch geltenden Recht bringe. Er sprach sich dagegen aus, daß Bewerber zukünftig nur dann eingebürgert werden, „wenn sie über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügten“. Nach der alten Praxis mußte sich der Bewerber lediglich mit der Behörde in deutscher Sprache „verständigen“ können. „Das wird insbesondere für Ausländer der ersten Generation problematisch“, sagte Kolat.

Auch der „Doppelpaß durch die Hintertür“ ist nun nicht mehr möglich: Es sei „äußerst problematisch“, daß es nach der neuen Regelung nicht mehr möglich ist, die alte aufgegebene Staatsbürgerschaft nachträglich neu zu erwerben. Türken, die sich in Deutschland hatten einbürgern lassen, bekamen in der Türkei meist problemlos einen neuen türkischen Paß. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Eine Benachteiligung der Türken sieht der Verband darin, den Doppelpaß für Ausländer mit Aufenthalt in Deutschland an die Herkunft aus einem Land der Europäischen Union zu koppeln. „Türken bleiben dabei außen vor“, sagte Kolat. Dies sei weder rechtlich noch moralisch und noch weniger gesellschaftspolitisch vertretbar, sagte der Geschäftsführer. Wie bei dem Optionsmodell insgesamt gebe es dazu aus der Sicht von Juristen verfassungsrechtliche Bedenken. Julia Naumann

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