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„Der dumme Starke“?

■ Ein Reemtsma-Entführer stellt sich der Justiz in Hamburg und packt aus

„Mein Mandant wurde nur als der dumme Starke angeheuert und wußte gar nicht, worum es ging“, beschreibt Rechtsanwalt Burkhard Immel die Rolle des 32jährigen Piotr L. bei der Entführung des Hamburger Millionärs Jan Philipp Reemtsma 1996. Er wisse nicht einmal, wo die Millionen aus dem Lösegeld geblieben seien. L. sei „der Boden zu heiß geworden“, vermutet hingegen der Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger: „Der Fahndungsdruck ist zu stark geworden“, schließlich sei man schon „seit Januar an der Sache dran“.

Piotr. L. hat sich am Dienstag abend der Justiz in Hamburg gestellt und wurde gestern stundenlang verhört. Der Pole gestand, er habe am 25. März 1996 Reemtsma vor dessen Haus niedergeschlagen und zusammen mit Thomas Drach in ein Haus in Garlstedt verschleppt. Er sei als „Mann fürs Grobe“ gebraucht worden, um „einem säumigen Schuldner Angst einzujagen“. Daß es sich um eine Entführung handelte, will L. erst Tage später bewußt geworden sein. Daraufhin sei er ausgestiegen und habe sich nach Barcelona abgesetzt. Gegen L. erging Haftbefehl.

Damit sind fast genau drei Jahre nach der Entführung Reemtsmas offenbar alle Kidnapper gefaßt. Die 1996 in Spanien verhafteten Wolfgang Koszics und Peter Richter wurden vom Landgericht Hamburg im Februar 1997 zu Haftstrafen von zehneinhalb und fünf Jahren verurteilt. Der mutmaßliche Kopf der Entführer, der 38jährige Thomas Drach wartet derzeit in einem Gefängnis in Buenos Aires auf seine Auslieferung. lno/smv

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