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: Piercing Mr. Bond

James Bond versus Gelbfinger: Hauptdarsteller Pierce Brosnan, privat Kettenraucher, will durchsetzen, daß in Bond-Filmen „nie wieder“ gequalmt wird. Wie es heißt, wolle er so „ein gutes Beispiel für jugendliche Zuschauer“ abgeben. Bereits im neuen Streifen „The World is not enough“ rauchen nur noch die Trümmer. Und demnächst nicht mal mehr die.

Denn aus der übernächsten Folge werden nicht nur Zigaretten verbannt, sondern auch alle Schuß- und Kernwaffen sowie Steckdosen ohne Kinderschutz. James Bond heiratet die 79jährige potthäßliche Jungfer Moneypenny. Sein Respekt vor der Würde der Frau, vor allem seine enorme Beispielwirkung für jugendliche Zuschauer, verbieten es ihm nämlich, sich nur an Äußerlichkeiten und flüchtigen Erektionen zu orientieren. Ausführlich wird der Ehealltag der Bonds gezeigt, „close-up“ sogar eine pikante Szene, in der James und sein „Goldstück“ die Teppichfransen bürsten.

Doch dann – Schnitt – tritt wieder einmal Superschurke Blofeld auf den Plan. Der wohnt diesmal eine Treppe tiefer und stellt stets den Müllsack mit der Katzenstreu in den Hausflur, damit es in seiner Wohnung nicht so stinkt. 007, der Mann mit der Lizenz zum Mülleimerheruntertragen, muß handeln. Fast läßt er sich zu einem Gewaltexzeß hinreißen: Er will die Mülltüte so gegen die Wohnungstür lehnen, daß sie sich, wenn Blofeld seine Basis verlassen will, nach innen entleeren muß. Doch im letzten Augenblick besinnt sich der „Veganer aus Verantwortung“. Er muß doch ein Beispiel für die jugendlichen Zuschauer sein! Also beschwert sich Bond beim Vermieter, kontaktiert seinen Parlamentarier und tritt schließlich in die SPD ein, „um was zu verändern“.

Beim Showdown wird nicht mehr unter einer futuristischen Laborkuppel herumgeballert. Ein Hausgemeinschaftsplenum und drei Stunden Eurythmie lösen alle zwischen Bond und Blofeld entstandenen Spannungen. Darauf ein Gläschen Sanddornsaft. Geschüttelt, nicht gerührt. Vorhang. André Mielke