: Strickpullis sind out
■ Grüne Harmonie in Kiel: Mobbing-Beauftragter hat keine Chance
Der erwartete Krach wurde professionell abgeblockt. Der Antrag von einigen schleswig-holsteinischen Grünen auf Einstellung eines „Mobbing-Beauftragten“ zur Befriedung der innerparteilichen Krise wurde am Sonnabend auf dem Kleinen Parteitag der Grünen in Kiel abgelehnt, noch bevor es zur Debatte kam. Gestärkt wurden dagegen die „Regierungsgrünen“ um Umweltminister Rainder Steen-block. Trotz mancher Kritik erhielten die realo-dominierten Grünen in Landtag und Regierung Rückendeckung für ihre Arbeit. Die Koalition mit der SPD solle auch nach der Landtagswahl 2000 fortgesetzt werden, lautete der einstimmige Beschluß.
Die Bundestagsabgeordnete Angelika Beer vom linken Flügel warnte derweil vor einer Orientierung weg von urgrünen Positionen hin zur politischen Mitte. Die Neue Mitte Gerhard Schröders (SPD) sei proppevoll. Der Landtagsabgeordnete Karl-Martin Hentschel hielt dagegen, die Grünen könnten nicht sagen: „Wir sind die linkesten, und deshalb sind wir die besten.“ Er forderte eine programmatische Modernisierung. Die Grünen müßten sich als Partei des technischen und sozialen Fortschritts begreifen. Sie sollten aufhören, den Eindruck zu erwecken, „als wollten wir unsere WählerInnen zu Hause einsperren, überall Straßensperren einbauen und ihnen den Urlaub vermiesen“. Bei Jüngeren hätten Grüne häufig das Image, unmodische „Strickpullis zu tragen und gerne mal die Heizung runterzudrehen“. In der Sozialpolitik müsse man sich von der Legende verabschieden, „daß Nichtstun eine Wohltat ist“.
Umstritten blieb, ob die Grünen die Doppelspitze in der Parteiführung sowie die Trennung von Amt und Mandat aufgeben sollten. Letzteres lehnte Parteisprecherin Mengert ab. Finanzexpertin Monika Heinold verlangte eine Professionalisierung des Landesvorstandes.
Getrübt wurde die grüne Harmonie lediglich durch einige Kritiker, die mit dem Plakat „Keen Bock auf Steenblock“ vor dem Veranstaltungslokal aufwarteten, was Fraktionsvorsitzende Irene Fröhlich als „widerwärtige Kampagne“ empfand. Den Anstrengungen der letzten Zeit zollte der Abgeordnete Hentschel Tribut: Als die Grünen aus Fraktion und Regierung Blumen bekamen, übermannten ihn die Tränen. dpa/hh
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