Wer, bitte, steht hier auf der Leitung?

■ Die neue Bremer Telefongesellschaft Nordcom hat Probleme, ihre Kunden anzuschließen. Mit der Telekom schiebt sie sich jetzt gegenseitig den schwarzen Peter zu.

Irgendwer steht auf Bremens Telefonleitungen. Seit über einem Monat warten Hunderte von Bremer Telefonkunden auf den Anschluß bei ihrem neuen lokalen Telefonieanbieter Nordcom – und werden laufend vertröstet. Statt das Falschspiel offenzulegen, aber schieben Telekom und Nordcom den Schwarzen Peter hin und her.

Am 15. Februar kippt im Bremer Ortsnetz das Telekom-Monopol, so hatte es Nordcom-Geschäftsführer Dirk Roedler vor sechs Wochen verkündet – „jeder Bremer“ könne dann für sechs Pfennig pro Minute bis Bremerhaven quatschen. 12.000 Kunden erwartete der Chef des Stadtwerke-Unternehmens ob dieses Angebots für 1999 – ein Monat ist seitdem vergangen, gerade mal 210 Kunden sind am Netz, und „Hunderte“, sagt der technische Leiter, Joachim Heder, „stehen im Stau“.

Den Hauptschuldigen hat man schnell ausgemacht: „Die Telekom diktiert uns die Zahl der Anschlüsse“, erklärt Heder das Dilemma – und die würden dem Kundenansturm eben nicht genügen. Außerdem lande jeder achte Neukunde in einer Sackgasse, weil der alte Anbieter „vergessen“ habe, die neue Schaltung bei der Ortsvermittlung klarzumachen. Eher spöttisch reagiert der Telekom-Sprecher auf die Vorwürfe: „Die Vorwürfe kennen wir“, zeigt sich Günther Spallek informiert und wehrt ab: „Mit unseren 450 Technikern stellen wir alle erforderlichen Übertragungswege klar.“

Unklar aber bleiben die Stau-Meldungen aus Bremens Telefongesellschaften – so unklar wie Informationen der Nordcom, in welchen Stadtteilen eigentlich noch immer nicht telefoniert werden kann. Eigentlich fehle neben Bremen-Nord und Gröpelingen nur noch der Findorff-Anschluß, so gestern Heder gegenüber der taz. Und Huchting, Arsten? Ja, alles klar, die stehen auf der Liste ... nur angeschlossen sind sie damit noch lange nicht, wie taz-Stichproben ergaben. „Das“, glaubt der Nordcom-Technikchef, „ist einfach der Stau“ – aber keine Sorge: „Bis Ende dieses Monats“ sei alles klar.

Fragt sich nur, ob dann nicht schon mancher potentielle Kunde wieder ausgestiegen ist. Denn das Top-Angebot der Nordcom – sechs Pfennig pro Minute – ist wahrscheinlich schon heute nur noch für den Dauerquatscher im Ortsnetz verlockend. Die Call-by-Call-Konkurrenz ist der Nordcom auf den Fersen. Kann man doch über die Vorwahl 01051 inzwischen schon für neun Pfennig durch ganz Deutschland telefonieren. Den Nordcom-Kunden kostet dieses Gespräch nach Hamburg immerhin 23 Pfennig – und zwar ohne die Möglichkeit, sich per Vorwahl ins Call-by-Call-Gewinnspiel einzuklinken. Denn die freie Wahl der Billiganbieter Mobilcom & Co ist bei der Nordcom nicht möglich: „Die Telekom ist schuld“, heißt es hierzu wiederum: Aus dem Netz der lokalen Carrier komme man an die weltweiten Billiganbieter nicht ran, „weil die Telekom nicht als Brücke zwischen uns fungieren will“. Energisch protestiert wieder-um Bremens Telekom-Sprecher: „Die Nordcom ist gut im Vorwürfe-machen. Das liegt allein in deren unternehmerischer Entscheidung, wenn sie Call-by-Call nicht zulassen.“ Unterstützt wird der Telekom-Mann in dieser Auffassung durch die Bonner Regulierungsbehörde: Die Telekom sei zur Weiterschaltung der Gespräche verpflichtet und würde seines Wissens dieser Verpflichtung auch in diesen Fällen nachkommen, so der Regulierungsbeamte Arne Börnsen. ritz