■ Seit Vietnam sagen Fernsehbilder immer weniger über Kriege aus
: Belgrad unterstützt die Nato

Der Vietnamkrieg wurde für die USA zum Desaster, nachdem die Fernsehstationen Bilder von Greueln und toten GIs in die Wohnstuben brachten und so die Öffentlichkeit mobilisierten. Und das, obwohl oder vielleicht gerade weil die damaligen US-Networks, anders als CNN heute, nicht live berichten konnten. Ihre Filme kamen zumeist erst Tage nach dem Geschehen auf die Mattscheiben.

Aus dieser Erfahrung zog das Pentagon nicht etwa die Lehre, wie künftige Kriege zu verhindern, sondern wie sie besser zu verkaufen sind. Das Ergebnis war im Golfkrieg zu besichtigen. Die US-Streitkräfte kontrollierten – sprich: verhinderten weitgehend – den Zugang von Journalisten zum irakisch-kuwaitischen Kriegsgebiet. Die Nachrichten und Bilder, die während der sechs Kriegswochen um die Welt gingen, stammten überwiegend aus den Verlautbarungen und dem Videomaterial des Pentagon und zu einem geringen Teil aus den Informationsangeboten des irakischen Regimes und des CNN-Reporters Peter Arnett. Der US-Bürger Arnett durfte damals in Bagdad bleiben, weil Saddam Hussein sich davon die Möglichkeit zur Verbreitung der eigenen Propaganda versprach.

Diese Hoffnung macht sich Slobodan Milošević offensichtlich nicht. In den letzten Tagen ließ Milošević die technischen Möglichkeiten zur Übertragung von Fernsehbildern und Radioberichten aus Belgrad oder Priština ins Ausland unterbrechen. Gleichzeitig hat er fast sämtliche Korrespondenten aus Nato-Staaten aus Restjugoslawien ausgewiesen. Auch Journalisten aus anderen westlichen und neutralen Staaten haben wegen zunehmender Bedrohung durch serbische Armee- und „Sicherheits“-Kräfte zumindest das Kosovo verlassen.

Belgrads Medienzensur spielt der Nato in die Hände. Ohne authentische Berichterstattung unabhängiger Journalisten über die Auswirkungen der Nato-Luftangriffe kann das Bündnis die Weltöffentlichkeit nach Belieben manipulieren. Insbesondere in der für den weiteren Verlauf des Konflikts wesentlichen Frage, ob die Luftangriffe das erklärte Ziel, die Offensive serbischer Armee- und „Sicherheits“- Kräfte gegen die Kosovo-Albaner zu stoppen, erreichen oder nicht. Mit welchen Manipulationen in der nächsten Zukunft zu rechnen ist, hat der italienische Premierminister Massimo D'Alema bereits demonstriert. Mit Blick auf die Innenpolitik seines Landes verbreitete er nach der ersten Bombennacht die nachweislich falsche Behauptung, die serbische Offensive sei bereits gestoppt. Andreas Zumach