Junge Brücke hängt in den Seilen

Das aus Berlin koordinierte Jugendprojekt „Mladi Most“ in Mostar steht auf der Kippe. Weil die einst umkämpfte Stadt kaum noch in den Medien auftaucht, gibt es kaum noch Gelder für das Projekt    ■ Von Christoph Rasch

Als die Berliner Studenten Julia Zimmermann und Andreas Knoth 1994 nach Bosnien fuhren, um sich im vom Krieg zerstörten Mostar dem Aufbau eines Jugendbegegnungshauses zu widmen, war dies eine spontane Aktion. Inzwischen ist das daraus entstandene Berliner Projekt „Mladi Most“ eine feste Institution.

Noch immer ist Mostar eine zwischen Moslems und Kroaten geteilte Stadt. Für viele Jugendliche, gerade aus dem moslemischen Teil, ist das zum provisorischen Jugendzentrum ausgebaute Einfamilienhaus, das direkt an der ehemaligen „Fire-Line“ liegt, einziger kultureller Anlaufpunkt: „Mladi Most“ (Junge Brücke) wird bis dato von Berlin aus koordiniert und bietet bosnischen Jugendlichen Seminare und Projekte an. Das geht nicht ohne Freiwillige aus Berlin, Deutschland und inzwischen der ganzen Welt, die jeweils ein Jahr vor Ort für die Heranwachsenden in Mostar Freizeit- und Lernangebote schaffen.

Christian Rickerts ist einer von ihnen. „Aktiv vor Ort zu helfen bedeutet für mich mehr als Spenden sammeln gehen“, beschreibt er seine Motivation. Der 23jährige kam über ein Hilfsprojekt der Schülervertretung zu Mladi Most, Christian koordinierte bislang die Arbeit vom Berliner Büro in Mitte aus, wo sich die inzwischen internationale Besetzung von Mladi-Most in der vergangenen Woche traf, zur Krisensitzung. Denn das Projekt ist in akuter Geldnot, die sich durch den Krieg im Kosovo noch verstärkt. So muß das Mostar-Projekt seine Berlin-Connection vorerst aufgeben. „Nicht völlig“, sagt Christian, „ein Unterstützerkreis wird hierbleiben.“ Dafür will man sogar einen eigenen Verein gründen.

Die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF), die die sieben Arbeitskräfte in Mostar finanziert, will aus dem Projekt aussteigen. „Wir müssen uns ganz neu strukturieren“, sagt Christian „und das geht bestimmt nicht ohne Einschränkungen.“ Nach dem Wegfall der Berliner „Relaisstation“ werde die Verwaltung dann direkt vor Ort abgewickelt, das Projekt lokalisiert sich – zwangsweise. „So zynisch es klingt“, sagt Christian, „ohne Kriegsbilder aus Mostar gibt es kaum materielle oder politische Unterstützung“, vom ehemaligen EU-Administrator Hans Koschnick einmal abgesehen. Doch auch der kommt nicht mit „Koffern voller Geld“. Private Spender bleiben aus, und der Antrag, den Mladi Most bei der Europäischen Union stellte, liegt wegen der Korruptionsaffäre in der EU-Kommission erst mal auf Eis.

9.000 Mark werden im Monat gebraucht, um Verwaltung und Projekte effizient arbeiten zu lassen, seit längerem laufe beides bereits unter stark zusammengekürzten Bedingungen, berichtet Jude Hutchen. Die 23jährige Engländerin koordiniert die Projekte vor Ort. „Wir sind zwar eine Art Avantgarde“, sagt sie, „aber auch wir müssen uns der politischen Situation anpassen.“ Nun setzt man in Mostar die Hoffungen auf ein internationales Jugendlager im Sommer, zu dem auch Gruppen aus der Republika Srpska erwartet werden. Neben neuen Kontakten soll dies vor allem einen materiellen Nutzen bringen, das behelfsmäßig renovierte Haus, das dem Jugendprojekt von einem serbischen Flüchtling überlassen wurde, soll während des Sommercamps instand gesetzt werden. Sollte das Ferienlager nun nicht zustande kommen, seien entscheidende Kürzungen nötig. Das Haus, für das man für die nächsten vier Jahre noch einen Mietvertrag hat, „müssen wir dann wohl aufgeben“, sagt Christian Rickerts.

Auch die Mladi-Most-Mitarbeiter stellen sich auf Kosovo-Flüchtlinge ein, die nach Mostar kommen. „Da wäre es schöner“, meint Jude, „das Projekt auf einer sicheren Grundlage zu sehen.“