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Die Logik des Nato-Angriffsplans heißt Eskalation

■ Luftangriffe zeigen bei Milošević keine Wirkung: Serbische Offensive im Kosovo geht weiter. Scharping spricht von „beginnendem Völkermord“. Debatte über Einsatz von Bodentruppen hält an

Die Ausweitung des Krieges um den Kosovo ist auch am Wochenende scheinbar unaufhaltsam weitergegangen. Mit Luftangriffen gegen Panzer, Artillerie und andere schwere Waffen der serbischen Armee- und Sicherheitskräfte im Kosovo begann die Nato-Phase zwei ihrer Operation „Allied Force“.

Es gab zunächst keinerlei Anzeichen dafür, daß die Allianz damit ihrem offiziellen Kriegsziel näherkommt, die serbische Offensive gegen albanische Befreiungsbewegung UÇK und die Zivilbevölkerung zu stoppen und Restjugoslawiens Präsident Slobodan Milošević zur Unterzeichnung des Autonomieabkommens von Rambouillet zu bewegen. Im Gegenteil: Der von den regierungsnahen Medien als großer Erfolg der serbischen Luftabwehr gefeierte Absturz eines US-Tarnkappenbombers (Stealth) vom Typ F-117A in der Nähe von Belgrad dürfte Milošević in seiner kompromißlosen Haltung weiter bestärkt haben. Die serbische Offensive im Kosovo verschärfte sich am Wochenende weiter, es mehrten sich die Berichte über Massaker an der Zivilbevölkerung. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping sprach am Sonntag von einem „beginnenden Völkermord“. An den Grenzen des Kosovo zu Makedonien und Albanien kamen seit Freitag abend Zehntausende neuer Flüchtlinge an. Die Nato verbreitete am Sonntag nachmittag auf einer Pressekonferenz in Brüssel „alarmierende Informationen humanitärer Organisationen“ wonach bis gestern rund 500.000 EinwohnerInnen des Kosovo – ein Viertel der Gesamtbevölkerung – aus ihren Wohnorten vertrieben worden seien. Es drohe die „größte humanitäre Katastrophe in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, erklärte Nato-Sprecher Jamie Shea.

Nato-Generalsekretär Janvier Solana erläuterte, die neue Phase der Operation „Allied Force“ richte sich gegen jene Armee- und Polizeieinheiten, die gegen die Kosovo-Albaner vorgehen. Ziele der Nato-Luftangriffe seien jedoch „Waffen und nicht Soldaten“. Die Erfahrungen früherer Kriege – zum Beispiel des Golfkrieges vom Frühjahr 1991 – lassen erwarten, daß bei den Luftangriffen der Phase zwei eine große Zahl serbischer Soldaten und Polizisten getötet wird.

Da diese sich im Kosovo zumeist in sehr engem, unübersichtlichem Gelände bewegen und sich häufig innerhalb oder in der Nähe von Wohngebieten aufhalten, ist bei Luftangriffen außerdem mit erheblichen Opfern unter der albanischen und serbischen Zivilbevölkerung zu rechnen.

Die Bilder und Berichte über die Folgen der neuen Phase der Nato-Luftangriffe sowie der verschärften Offensive und Übergriffe der serbischen Einheiten gegen die Kosovo-Albaner dürfte in der Nato in den nächsten Tagen zu einer verstärkten Diskussion über den Einsatz von Nato-Bodentruppen führen. Scharping und Bundesaußenminister Joschka Fischer bemühten sich am Sonntag erneut um den Eindruck, ein derartiger Einsatz stehe „nicht zur Debatte“ (Scharping). „Wenn wir jemals die Chance behalten wollen, im Kosovo auf der Grundlage eines Abkommens durch zivile Präsenz und duch militärische Präsenz Frieden zu schaffen, dann dürften die an der militärischen Präsens Beteiligten nicht vorher kämpfender Teil des Konflikts gewesen sein“, erklärte der Bundesverteidigungminister.

Ob die Regierung Milošević allerdings differenziert zwischen Kampfpiloten der Bundesluftwaffe, die an den derzeitigen Luftangriffen der Nato aktiv beteiligt sind und Bodensoldaten der Bundeswehr, die laut dem von den Kosovo-Albanern unterschriebenen Autonomieplan von Rambouillet im Rahmen einer Nato-geführten internationalen Truppe im Kosovo stationiert werden sollen, ist äußerst zweifelhaft. Vor Scharping hatten Vertreter der Harthöhe seit Beginn der Nato-Luftangriffe in der Öffentlichkeit die Behauptung aufgestellt, es existiere ein völkerrechtlicher Unterschied zwischen Luftangriffen gegen einen souveränen Staat und einer Intervention mit Bodentruppen. Das in Artikel 2. Absatz vier der UNO-Charta formulierte absolute und uneingeschränkte Verbot der Androhung und Anwendung von Gewalt läßt eine solche Differenzierung allerdings nicht zu. Andreas Zumach

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