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Verantwortbare Friedenspolitik offen diskutieren

■ Krieg gegen Jugoslawien stellt auch Hamburgs Grüne auf eine Zerreißprobe

Bomben auf Belgrad, der NATO-Angriff auf Jugoslawien ohne UN-Mandat, und das alles gebilligt von der rot-grünen Bundesregierung – die Grünen sind in eine schwere Krise gestürzt (s. Berichte überregional). Auch in Hamburg: „In der Fraktion steht es“, was die Akzeptanz des NATO-Angriffs angeht, „50 zu 50“, so Geschäftsführerin Lexi von Hoffmann gestern. Vor allem Mitglieder des linken Parteiflügels unterstützen die Forderung, einen Sonderparteitag zum Kosovo einzuberufen. Der Hamburger Landesvorstand, Kordula Leites und Peter Schaar, ist in dieser Frage, um es gelinde auszudrücken, uneins.

Noch am Sonntag hatten sich Leites und Schaar in einer krampfigen Presseerklärung um Schadensbegrenzung bemüht: „Die GAL Hamburg hat sich dafür entschieden, die politische Diskussion über unsere Haltung zu einer verantwortbaren Friedenspolitik offen zu führen.“ Wie gegensätzlich sich dieser kleinste gemeinsame Nenner zwischen linkem und Realo-Flügel interpretieren läßt, bewiesen die beiden gestern: „Die Bombardierung produziert nur Tote, führt aber nicht dazu, daß ein Albaner weniger getötet wird“, schimpfte Leites. Daher sei es nur „sinnvoll“, auch auf einem Sonderparteitag Positionen zu formulieren, „wie wir uns einen Friedensprozeß vorstellen“. Schaar dagegen lehnt den Sonderparteitag nicht nur „persönlich“ ab: „Wir haben gesagt, daß diese Frage nicht per Mehrheitsentscheidung geklärt werden kann.“ Ein Parteitag, sagt Schaar, „würde uns zerreißen“.

„Völlig falsch“ fände es auch der europapolitische Sprecher der Hamburger Grünen, Axel Bühler, „zum jetzigen Zeitpunkt einen Sonderparteitag zu machen“. Eine Bewertung sei erst „mit ein bißchen Abstand“ möglich. Der Bürgerschaftsabgeordnete Martin Schmidt – wie Schaar dem Realoflügel zugehörig – findet, „gegen einen Parteitag kann man nie etwas haben“. Allerdings müsse dort nicht nur debattiert werden, ob die NATO eingreifen dürfe, „sondern auch, warum sie eingreift“.

Die Linken halten einen Parteitag fast ausnahmslos für begrüßenswert. Uli Cremer vom Kreisverband Eimsbüttel, der vorige Woche den bundesweiten „Appell Grüner Parteimitglieder: Den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien sofort beenden!“ mitanschob, würde auf einem solchen Parteitag gern abrechnen wollen. Denn: „In den letzten Tagen ist für die Grünen großer Schaden durch die Regierungsmitglieder entstanden.“ Daher, sagt die Abgeordnete Susanne Uhl, sei ein Parteitag der „richtige und einzige Ort“, um über einen Stopp der Bombardierung zu streiten. Kurzfristig, so der erklärte Pazifist Lutz Jobs, müsse aber „noch anderes passieren: Demos gegen den Krieg unterstützen, zum Beispiel“. Heike Haarhoff

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