piwik no script img

Nato nimmt Belgrader Regierung ins Visier

■ Bündnis beschließt, die Luftangriffe auszuweiten. Fischer kündigt Fortsetzung der Bombardements auch über Ostern an. Berichte über serbischen Angriff auf Flüchtlinge

Washington/Brüssel/Den Haag (rtr/ dpa/taz) – Der Erhalt der territorialen Einheit Jugoslawiens steht in der internationalen Gemeinschaft möglicherweise zur Disposition. Gestern deutete US-Präsident Bill Clinton erstmals an, daß am Ende des Luftkriegs gegen Jugoslawien die Abspaltung des Kosovo von Serbien stehen könnte. Clinton erklärte, der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević werde für seine „fortgesetzte Aggression“ im Kosovo noch einen hohen Preis bezahlen. „Wir werden dafür sorgen, daß sein Militär ernsthaft dezimiert und die zentrale militärische Infrastruktur zerstört wird. Damit einhergehend wird die Aussicht auf internationale Unterstützung für den serbischen Anspruch auf das Kosovo immer mehr gefährdet“, sagte Clinton.

Bereits am Dienstag abend hatte die Nato beschlossen, ihre Angriffe in Jugoslawien auszuweiten. Wie gestern im Brüsseler Hauptquartier verlautete, gab der Nato-Rat dem Nato-Oberbefehlshaber in Europa, General Wesley Clark, einen entsprechenden Auftrag. Ziel sei es, die Wirkung der Luftangriffe zu maximieren. Nato-Jets können nun möglicherweise auch Regierungsgebäude wie das Innen- und Verteidigungsministerium in Belgrad angreifen.

Die Militäraktionen würden auch über Ostern intensiv fortgesetzt, kündigte Bundesaußenminister Joschka Fischer nach einer Kabinettssitzung in Bonn an. Es gehe nicht an, daß die Christen das Osterfest feiern und die Muslime im Kosovo „weiter hingemetzelt“ werden. Das Bündnis arbeite aber parallel an einem Vorschlag für eine politische Lösung „auf Grundlage des Rambouillet-Abkommens“.

Unterdessen wurde gestern von neuen Greueltaten der Serben im Kosovo berichtet. So hätte serbische Spezialpolizei mit schweren Waffen auf eine große Gruppe Flüchtlinge und Rebellen der Befreiungsarmee UÇK geschossen. Nato-Sprecher David Wilby sagte, die Angriffe hätten im Tal Paruchsa stattgefunden.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag veröffentlichte gestern einen Haftbefehl gegen den serbischen Milizenführer Željko Ražnjatović („Arkan“). Wie Chefanklägerin Louise Arbour erklärte, werden ihm Kriegsverbrechen zur Last gelegt. Die einzelnen Anklagepunkte sollen bis zu seiner Festnahme geheim bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen