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KommentarReine Show

■ Hardliner Werthebach ist ein Schaumschläger

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) versucht sich als Hardliner zu profilieren. Doch zu durchsichtig ist seine Ankündigung, er wolle die an der Besetzung der griechischen und israelischen Botschaft beteiligten Kurden noch vor dem Abschluß ihrer Gerichtsverhandlungen ausweisen. In Wirklichkeit läßt sich dies gar nicht umsetzen, und zwar aus gutem Grund: Da ausgewiesenen Kurden in der Türkei Folter droht, können sie de facto nicht des Landes verwiesen werden.

Doch Werthebach geht es in erster Linie um den Showeffekt. Hauptsache, er kann sich mit einer – nicht für jedermann als haltlos erkennbaren – Ankündigung als Law-and-order-Mann präsentieren. Der Beifall der CDU-Klientel ist ihm dabei gewiß.

Werthebachs populistischer Vorschlag ist auch rechtsstaatlich hochgradig bedenklich: Eine Ausweisung noch vor dem Ende des Gerichtsverfahrens kommt einer Vorverurteilung gleich. Zudem würde dies bedeuten, daß die kurdischen Botschaftsbesetzer nicht vor Gericht zur Rechenschaft gezogen würden.

Statt dessen sollen sie noch vor der Feststellung ihrer konkreten individuellen Schuld mit der Ausweisung aus Deutschland bestraft werden. Dies würde Kurden, die seit Jahren hier leben, um so härter treffen. Hinzu kommt, daß viele von ihnen wichtige Zeugen für den parlamentarischen Untersuchungsausschuß sind und bei einer Ausweisung nicht zur Verfügung stünden.

Im Ergebnis ist Werthebachs Vorschlag in sich widersprüchlich und rechtsstaatlich fragwürdig. Eines Innensenators, der zugleich Hüter der Verfassung ist, ist dies nicht würdig. Doch für Werthebach sind Kurden und insbesondere die PKK willkommene Buhmänner. Sie lassen sich hervorragend instrumentalisieren. So nutzte Werthebach seinen Vorstoß auch zu einem Nadelstich gegen die rot-grüne Bundesregierung. Innenminister Schily solle mit seinem türkischen Amtskollegen über ein Abkommen verhandeln, das sicherstelle, daß ausgewiesene Kurden nicht gefoltert oder verfolgt werden. Doch selbst wenn es zu einem solchen Abkommen käme, es wäre nach allen Erfahrungen der letzten Jahre das Papier nicht wert. Dorothee Winden

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