: Innensenator Werthebach will Kurden loswerden
■ Ausweisung von an Besetzungen beteiligten Kurden geplant. Rechtlich nicht möglich
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) will möglichst viele Kurden des Landes verweisen, die am 16. und 17. Februar dieses Jahres an den Besetzungen des griechischen und israelischen Konsulats beteiligt gewesen sein sollen. Wie Isabelle Kalbitzer, Sprechein des Innensenators, gestern bestätigte, soll gegen 32 von ingesamt 91 Kurden ein Ausweisungsverfahren eingeleitet werden. In 18 Fällen habe die Ausländerbehörde die Staatsanwaltschaft bereits um die notwendige Zustimmung gebeten. Ohne deren Zustimmung kann kein Ausweisungsverfahren betrieben werden, weil gegen die Kurden Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den Besetzungen anhängig sind. Justizsprecher Matthias Rebentisch betonte jedoch, daß die Staatsanwaltschaft einer Ausweisung nicht zustimmen werde. Zuvor müßten die Verfahren abgeschlossen sein.
Aber selbst, wenn es sich die Staatsanwaltschaft noch anders überlegen sollte, wird Werthebachs Vorstoß kaum von Erfolg gekrönt sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat vor wenigen Tagen im Fall von zwei PKK-Funktionären entschieden, daß diese zwar keinen Anspruch auf Asyl und Abschiebeschutz geltend machen könnten. Dies bedeutet aber nur theoretisch, daß sie abgeschoben werden können. Praktisch ist eine Ausweisung beziehungsweise Abschiebung aufgrund der bestehenden Rechtslage unmöglich: Das Ausländergesetz in Verbindung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention verbietet, Menschen in Staaten abzuschieben, in denen Tod oder Folter droht.
Das ist auch Werthebach bekannt. Er will Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) deshalb auffordern, mit der Türkei durch entsprechende Verhandlungen sicherzustellen, daß die ausgewiesenen Kurden in ihrem Heimatland nicht mißhandelt werden. Der deutsche Botschafter in der Türkei solle dies kontrollieren, schlägt Werthebach allen Ernstes vor.
Fachleuten sträuben sich bei solchen Vorstellungen die Haare. Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht, Percy MacLean, weist darauf hin, daß schon Schilys Vorgänger, Manfred Kanther (CDU), vergeblich versucht hat, eine entsprechende Zusicherung von der Türkei zu bekommen: „Es ist es geradezu naiv, von einem Unrechtsregime eine rechtsstaatlich verbindliche Zusage zu erwarten.“ Plutionia Plarre
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