: „Ich dachte, die seien schon tot“
■ Wie Torhüter Richard Golz im Volksparkstadion wieder einmal einen Fehler machte
Richard Golz fühlte sich sofort wieder heimisch. Kaum, daß er den Rasen des Hamburger Volksparkstadions betreten hatte, erblickte der Torhüter des SC Freiburg ein Relikt aus alten Zeiten. Das Transparent war an der Südtribüne angebracht und damals entstanden, als Golz noch auf der Lohnliste des Hamburger SV stand und durch unangepaßtes Verhalten und sein loses Mundwerk auffiel. „Golz raus“ empfing am Sonnabend nachmittag die Vergangenheit den Keeper, und ein wenig lächeln mußte er schon: „Ich dachte, meine zwei oder drei Freunde hier in Hamburg seien schon tot. Aber die leben noch.“
Enstanden war das Plakat ursprünglich, als der HSV durch Golz' Fehler einige Punkte verschenkt hatte und der Lange flapsig alles auf seine Kappe nahm. Das gefiel den ernsthaften und humorlosen Fans gar nicht. Wie groß mag deren Genugtuung gewesen sein, als Freiburg am Samstag wegen eines Fehlers von Golz verlor? In der 40. Minute glich Anthony Yeboah die Führung durch Marco Weißhaupt aus, indem er eine Flanke von Fabian Ernst aus acht Metern ins Tor köpfte. Richard Golz war aus dem Tor gekommen um zu klären, aber dann doch am Ball vorbeigesprungen.
„Das war ganz klar mein Fehler“, gab der Torwart nach Spielende unumwunden zu, „ich hätte auf der Linie bleiben oder den Ball wegfausten müssen. So ist das Spiel gekippt.“ Zuungunsten der Freiburger, die zuvor durch die Spielweise, die sie berühmt gemacht hat, glänzten: Kurzpaßspiel, stetes Rochieren in Mittelfeld und Angriff. Der Hamburger SV brachte dagegn nicht sehr viel zustande. Trainer Frank Pagelsdorf hatte zwar mit Jacek Dembinski, Sergej Kirjakov und Anthony Yeboah drei Spitzen aufgeboten, doch anstatt über die Flügel zu spielen, ging fast jeder Angriff durch die Mitte. Dabei wären Flanken, das zeigte sich auch beim 1:1, eigentlich das Mittel der Wahl gewesen.
Dies erkannte nach Spielschluß auch Pagelsdorf an und war trotz der gewonnen drei Punkte ziemlich verärgert: „Ich bin nicht zufrieden mit meiner Mannschaft. Wir haben zu viele Rückpässe gespielt und uns unnötig in Notsituationen gebracht.“ Und der eingewechselte Mittelfeldspieler Thomas Doll erkannte durchaus an, daß der HSV in der zweiten Halbzeit Glück hatte: „Da hatten die Freiburger einige große Chancen und hätten den Ausgleich machen müssen. Die haben einen ganz tollen Fußball hier gespielt.“ Besser als die Rothosen eben. Oder wie formulierte der Coach de Breisgauer Volker Finke nach dem Match: „Bei solchen Spielen sagt man am Ende dem Gegner Glückwunsch und ärgert sich über seine Fehler.“
Eberhard Spohd
HSV: Butt, Hoogma, Panadic, Hertzsch, Hollerbach (ab 62. Babatz), Ernst, Gravesen, Groth, Dembinski (ab 80. Jepsen), Yeboah, Kirjakov (ab 50. Doll)
Freiburg: Golz, Hermel, Diarra, Schumann, Tskitishvili, Rietpietsch (ab 78. Pavlin), Günes (ab 71. Wassmer), Kobiashvili, Baya, Selimi (ab 71. Ben Slimane), Weißhaupt
SR.: Sippel – Z.: 22.600
Tore: 0:1 Weißhaupt (14.), 1:1 Yeboah (40.), 2:1 Yeboah (49.)
Gelbrote Karte: Ernst wegen wiederholten Foulspiels (67.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen