: „Wir müssen bescheidener werden“
■ TeBe beschert Trainer Winnie Schäfer einen 0:2-Einstand gegen die Stuttgarter Kickers
Null zu eins in der 58. Sekunde. So hatte sich Winnie Schäfer seinen Einstand bestimmt nicht vorgestellt. Und dann auch noch die Fans. Zur Begrüßung des neuen Trainers war der Fanblock vom Fußball-Zweitligisten Tennis Borussia Berlin in die Ränge auf der Gegengerade gezogen, um gegen die Entlassung des alten Trainers Stanislav Levy zu protestieren.
Die lilaweißen TeBe-Fahnen wehten deshalb nicht wie sonst im Fanblock. Und während des Spiels gegen die Stuttgarter Kickers erklangen immer wieder die Chöre aus dem ausgewanderten Fanblock: „Schindelmeiser raus“. Der Geschäftsführer von Tennis Borussia, Jan Schindelmeiser, hat mit dem rabiaten Rausschmiß von Levy und dem überraschenden Einkauf von Schäfer die Sympathien verspielt. Und dem neuen Coach keinen Gefallen getan.
Null zu zwei nach insgesamt 90 Minuten. Auch sportlich hadert der Verein mit den Realitäten. Während sich die große Hertha am Sonntag gegen Mönchengladbach auf einen sicheren Uefa-Cup-Platz spielen konnte, entwickelt sich Tennis Borussia allmählich zu einem Fußball-Zwitter. Beim 0:2 gegen die Stuttgarter Kickers bewies die Mannschaft, daß sie den Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit kaum noch aushalten kann.
„Eigentlich hatten wir in Berlin nichts zu verlieren, nach allem, was man von TeBe hört“, feixte Gästetrainer Paul Linz nach dem gelungenen Auswärtscoup beim Favoriten im Mommsenstadion. Mit ihren hochfliegenden Plänen vom Börsengang und dem bis spätestens 2005 avisierten Einzug in den Europapokal hatte zuletzt nur die ehrgeizige Vereinsführung der zweitklassigen Berliner für Schlagzeilen gesorgt. Solche Hoffnungen erhielten mit der Heimpleite gegen Stuttgart einen gehörigen Dämpfer. Denn parallel sicherten der Tabellenführer der zweiten Liga, Unterhaching, und auch Konkurrent Arminia Bielfeld mit Heimsiegen ihre Anwartschaft auf den Aufstieg in die erste Liga.
Den Gegnern scheinen die TeBe-Träume einen zusätzlichen Adrenalinschub zu verpassen, die eigene Mannschaft hingegen rennt angesichts der wirtschaftlichen Vorgaben mit bleischweren Beinen über den Rasen. 4.000 Zuschauer glaubten am 1. April an einen schlechten Scherz, denn nach der schnellen Führung der Kickers verfiel TeBe in Nervosität. „Nach dem frühen Gegentreffer war unser Spiel vorbei“, gestand TeBe-Libero Dejann Raickovic. Das 0:2 war die logische Konsequenz. „Wenn du so ein Spiel nicht gewinnst, wo willst du dann noch gewinnen?!“ – der gesperrte Tunesier Fahed Dermech sah rabenschwarz für die Aufstiegsambitionen seines Arbeitgebers.
„Vielleicht ist der Druck auf meine Mannschaft zu groß“, sinnierte hinterher Winfried Schäfer. Vom renommierten Sportlehrer hatten Spieler wie Fans erwartet, er könne per Handauflegen die mysteriöse Heimschwäche der Charlottenburger beenden. Um so bitterer war für sie des Trainers trübe Erkenntnis: „Wir müssen bescheidener werden.“ Doch abhaken will auch Winnie Schäfer den Aufstieg noch nicht: „Es sind noch genügend Spiele, um dieses Ziel zu schaffen.“ babs/Schulz
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